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Bericht über die Studienfahrt nach Polen (2002)




Programm


Samstag, 12.10.2002
Duisburg Hauptbahnhof. Der ICE nach Berlin geht um 15:46 Uhr Gleis 12 und kommt um 19:35 in Berlin an. Von Berlin aus reisen wir im Schlafwagenabteil (Zweibettabteil). Wir starten um 19:51 Uhr (hoffentlich ist unser Zug pünktlich) und erreichen Krakau um 6:36 Uhr.

1. Tag: Sonntag der 13.10.02

Ankunft in Krakau um 6:36 Uhr.
Fußmarsch zum Hotel Pollera (10 Min), Frühstück und - soweit frei - Belegung der Zimmer

11.30 beginnt eine allgemeine Führung durch Krakau Wir starten vom Hotel.
Marienkirche, Kathedrale im Wawelsch1oss

nachmittags: Zeit zur freien Verfügung

18.30 Uhr Ballet im Slowackiego Theater
26 Logenplaetze in 4 Logen im ersten Stock. Sie werden sich in 4 Gruppen teilen muessen 3 Gruppen zu 5 Personen und eine zu 11 Personen (die Kaiserliche Loge)

2. Tag: Montag der 14.10.02 9.00 Fahrt nach Auschwitz

10.30 Uhr Führung durch Auschwitz es dauert etwa 3,5 Stunden

Um etwa 16.30 werden wir in Krakau zurück sein In Auschwitz gibt es keine Möglichkeit zum Essen.

3. Tag: Dienstag der 15.10.02

10.00 Uhr Besichtigung des Stadtviertels Kazimierz (Synagoge Remuh, Apotheke unter Adler, lsaaks Synagoge) und des ehemaligen Gethos

später Nachmittag: zur freien Verfügung

4. Tag: Mittwoch der 16.10.02
7.00 Uhr: Fahrt nach Wieliczka
8.00 Uhr: Besichtigung des Salzbergwerkes (2 Stunden)
Kosten: Fotografieren: 8 zl (2 Euro/Pers.), Filmen: 13 zl (3,5 Euro/ Pers.)

10.30 Uhr Weiterfahrt nach Zakopane, Besichtigung der Stadt Museum des Zakopianer Stils, Tatra Museum, beim schoenen Wetter Auffahrt auf den Gubalowka - Gipfel mit dem Standeisenbahn; Stadtpanorama, Aussicht auf die Tatra Unterwegs besteht die Möglichkeit im Goralen Restaurant etwas zu essen (das Restaurant wird nur für uns geöffnet)

5. Tag: Donnerstag der 17.10.02
10.30 Uhr: Treffen im Jüdischen Kulturzentrum, 2 kurze Filme + Treffen mit einern Zeitzeugen

15.00 Uhr: Treffen im Stadtarnt mit den Stadtbehörden
Man wird etwas von der Stadtverwaltung und dem Schulwesen erfahren können.

6. Tag: Freitag der 18.10.02

vormittags: Besuch der Nowodworski Oberschule in Krakau Gespräch mit der Schulleiterin
nachmittags: zur freien Verfügung
abends: Verabschiedung im Hotel Pollera

21.10 Uhr: Rückfahrt nach Duisburg, Zug D 448

7. Tag, Samstag der 19.10.02 Ankunft in Berlin 8.07 Uhr

9.22 Abfahrt nach Duisburg, lCE 952

13.25 Ankunft in Duisburg, Gleis 4




Anreise

Samstag, 12.10.2002

Am Samstag, den 12. Oktober, treffen sich die Mitglieder unserer Studiengruppe pünktlich am Bahnhof Duisburg. Statt um 15.46 Uhr fuhr der Zug erst ca. 20 Min. später nach Berlin los. Der IGE 828 "Johannes Gutenberg" erreichte gegen 20.00 Uhr den Bahnhof ZOO in Berlin. Die 26 Personen umfassende Studiengruppe konnte dann pünktlich die 13 Abteile des Schlafwagens der polnischen Eisenbahn nach Krakau beziehen.

Die Stimmung innerhalb der Gruppe war dank der mitgeführten Schlaftrunkvorräte hervorragend. Man war gespannt, welche Erfahrungen die Reise wohl bringen würde. Durch die zwei Vorbereitungsabende war man gut gerüstet. Die Tipps der Reiseliteratur über Polen und Krakau wurden sehr intensiv ausgetauscht, so dass einige Fahrtteilnehmer nur kurz die Liegeplätze in den Schlafabteilen nutzten.

Pünktlich gegen 6.36 Uhr erreichte der Zug dann am Sonntagmorgen den Bahnhof in Krakau. Unsere junge Reiseleiterin, die Studentin Anna Strelcow, erwartete uns bei leichtem polnischen Nieselregen. Prof. Paffenholz von der Uni Duisburg hatte den Kontakt zu Anna vermittelt. Die Universität Duisburg unterhält partnerschaftliche Beziehungen zur Uni Krakau.

Unser Hotel Pollera, ul. Szpitaina 30, lag knapp 10 Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, sehr verkehrsgünstig am Rande der Krakauer Altstadt. Nach dem Frühstück durften die ersten bereits ihre Zimmer beziehen und sich auf das folgende Besichtigungsprogramm freuen.

Otto Laakmann




Krakau


Sontag, 13.10.2002

KRAKAU - Kulturhauptstadt 2000 – Sehenswert – wunderschön

Unser erster Programmpunkt: Stadtrundgang –Treffpunkt 11.30

Mit Anna und Jacek trafen wir uns an unserem Startpunkt: unser Hotel. Wir sahen alle noch ein bisschen müde aus. Regnerisch und kalt, zeigte das Wetter sich auch nicht von seiner besten Seite. Das Hotel Pollera ist schon seit 1857 im Besitz dar Familie Poller und sehr stolz verweist man auf die berühmten Gäste die hier logierten z.B. Kaiser Franz Joseph u. Kardinäle während des Papstbesuches 1999. Direkt gegenüber liegt das Slowaki Theater, in dem wir am Abend das Ballett "Paralelle Welten " von Smettina, sahen.

Vom Matejko Platz führte uns unser Weg an der gotischen Barbakane entlang, der Rest einer mittelalterlichen Befestigungsanlage Krakaus, durch's Florianstor wieder in das Zentrum von Krakau. Das Florianstor ist als einziges von 7 Stadttoren aus dem Jahre 1307 erhalten. Dieser " Königsweg" wurde schon früher von Monarchen und Würdenträger als Einzug in die Stadt genutzt. Heute werden an dar Mauer vom Florianstor Bilder ausgestellt und verkauft. Anstelle der abgetragenen Stadtmauern wurde ein Grüngürtel, die sogenannte Planty, angelegt. Vorbei ging es am alten Kaffeehaus Jarna Michalika, in dem zu verschiedenen Zeiten die Krakauer Kabaretts verschiedene Rollen spielten.

Weiter ging es zum Rynek Glowny, einem der schönsten und größten aus dem Mittelalter erhaltenen Plätze Europas. Der Bau der Tuchhallen begann etwa im Jahre 1300 und wurde Ende das 19. Jahrhunderts beendet. Im Erdgeschoss wird polnische Volkskunst (oder Kitsch) angeboten. Im Obergeschoss befindet sich das Nationalmuseum.

Von dem Im Jahr 1620 abgerissenen Rathaus ist nur noch der Turm übrig geblieben, der teilweise als Aussichtsturm und als Museum genutzt wird.

Am Rynek Glowny liegt die Marienkirche, die wertvolle Kunstwerke der europäischen Gotik birgt. Das wohl bekannteste Kunstwerk ist der Marienaltar des Nürnberger Bildhauers Veit Stoß Die 237 Stufen hinauf zur Kirchturmspitze lohnen sich, von dort hat man einen wunderschönen Blick in alle Himmelsrichtungen auf Krakau und zur vollen Stunde gibt es seit 750 Jahren ein Trompetensolo.

Weiter ging es In das Universitätsviertel , dort existierte bis 1495 eine jüdische Gemeinde, die durch König Jan Olbracht vertrieben und später in Kazimierz angesiedelt wurde.

Im Kollegium Novum befindet sich heute die Uni Verwallung. Am 6. November 1939 besetzten deutsche Truppen die Stadt. 184 Professoren und Mitarbeiter wurden verhaftet und ermordet, Schulen, Museen und Theater geschlossen. Vor diesem Gebäude wurde im Gedenken an die Unabhängigkeit Polens ein " Freiheitsbaum." Gepflanzt.

13.00 MITTAGSPAUSE erste Kontakte mit der polnischen Küche

14.30 nach der etwas zu langen Pause erhoben wir unsere immer müder werdenden Glieder, der Geist war zwar noch willig, aber auch schon ein bisschen schwacher.
Das Motto: Ab marsch!

Auf geht´s zum Wawel. Das Königsschloss liegt auf dem Wawel-Hügel an der Weichsel. Auf dem Wawel wurden die polnischen Könige gekrönt und wichtige Entscheidungen über das Schicksal des Landes getroffen. Auch heute noch ist der Wawel das wichtigste Nationalheiligtum dar Polen. Die Geschichte des Bauwerks geht bis ins Jahr 1000 zurück. Es sind dort wertvolle Bildteppiche, eine originelle Kassettendecke, die von geschnitzten Köpfen geziert wird, und noch viele andere prachtvolle Kunstschätze zu sehen. Die angeschlossene Wawel-Kathedrale ist ein Bauwerk aus dam 14. Jahrhundert. Es ist eine bis heute aktiv genutzte Kirche, in der es Grabmäler von Königen, Nationalhelden und Dichtern aus der Epoche der Romantik gibt.

Hier endete unser Rundgang. Wir hatten noch ein Stündchen Zeit unsere Zimmer zu beziehen und uns auf das Theater zu freuen.

Klaudia und Werner Masnitza



Auschwitz Birkenau I

Montag, 14.10.2002

Os´wiecim - Auschwitz - Birkenau

Versuch einer Annäherung

Es war ein sonniger Tag, der uns nach knapp einstündiger Fahrt zum Staatlichen Museum in Os´wiecim brachte. Je näher das Ziel rückte, desto stiller wurde es im Bus.

In Begleitung unserer Museumsführerin betraten wir durch ein schmiedeeisernes Tor mit der berühmt-berüchtigten Aufschrift „Arbeit macht frei" ein adrettes Karree mit zweistöckigen Steinhäusern und dazwischen rechtwinklig verlaufenden Straßen. Dies war für die meisten aus unserer Gruppe die erste reale Begegnung mit diesem Ort des Grauens und Schreckens, der äußerlich so harmlos wirkt.

Im Jahre 1940 wurde das Konzentrationslager im Bereich dieser alten polnischen Kaserne begründet, da die bestehenden Gefängnisse in Schlesien für die inhaftierten polnischen Gefangenen nicht reichten, und so waren es folgerichtig auch 726 polnische politische Häftlinge, die am 14.06.1940 als erste in das KZ kamen.

Dieses Stammlager sollte in den Jahren bis zum 27.01.1945 zusammen mit seinen Nebenlagern Birkenau und Monowitz sowie 40 weiteren Nebenlagern zum Synonym der europäischen Judenvernichtung werden.

Insgesamt waren es 1,5 Millionen sowjetische Kriegsgefangene, Zigeuner (Sinti u. Roma) und Juden, die hier entweder sofort umgebracht (vergast) wurden oder durch die Arbeit bis zur Erschöpfung bei unbeschreiblichen hygienischen Verhältnissen sowie durch Unterernährung innerhalb weniger Wochen bis Monate sterben sollten.

Bei der sog. Wannseekonferenz wurde 1942 die "Endlösung der Judenfrage" beschlossen, die zur Gründung des Lagers Birkenau führte.

Im Stammlager Auschwitz 1 befindet sich in den Baracken das eigentliche Museum mit seinen Exponaten.

Wir wurden In einer 2 stündigen Führung an den Zeugnissen einer verbrecherischen Unkultur vorbeigeführt: an Unmengen von Haaren, Schuhen, Koffern und Gegenständen des alltäglichen Bedarfs, die stellvertretend uns einen Eindruck von dem Ausmaß des Verbrechens geben sowie das Unvorstellbare vorstellbar machen sollten. Wir sahen Kinderkleidung und Kinderwagen, Kinderschuhe und Kinderbilder.

Wir sahen die Erschießungsmauer, daneben die Todesbaracke, wo Unrecht scheinbar zu Recht werden sollte. Das Museum wirkt in seiner sachlichen Darstellung der Grausamkeiten ebenso wie der Kontrast der harmlos erscheinenden Lagergebäude zu den stattgefundenen Verbrechen,

Es ist mir nicht möglich, alle diese Details, die jeder nachlesen kann, zu beschreiben.

Ich schwankte mit Ekel, Trauer. Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit durch die Säle der einzelnen Blocks: eine innerliche Kälte ließ alle menschlichen Regungen erfrieren: die Last des Gesehenen drückte die Schultern nieder und machte den Blick starr.

Deutsche Gründlichkeit in ihrer perversesten Form zwingt zur Scham! Muss ich denn Unbegreifliches lernen zu begreifen?

Gedankensplitter schossen durch meinen Kopf: Mauthausen. Buchenwald, Yad-Vashem, Heritage Museum New York. Viele Begegnungen, viele Fragen und wenig Antworten! Gibt es doch eine Kollektivschuld?

Wir dürfen uns freuen, wieder in die Völkergemeinschaft aufgenommen worden zu sein!

Aber wir hören auch von Maximilian Kolbe und von Janos Korczak, die neben vielen Unbekannten und Ungenannten die Liebe an diesen Ort brachten und uns damit den Trost und die Hoffnung der Menschlichkeit

In Wahrheit bist du keinem Menschen etwas schuldig.Du schuldest allen Menschen alles.
Khalil Gibran

W. Zunker





Auschwitz Birkenau II


Montag, 14.10.02

Gedenkstätte und Museum Auschwitz-Birkenau

November 1941 - abseits liegendes, sumpfiges Ackergelände - Polnische Bauern werden vertrieben - Graben und Stacheldrahtzäune - Holzbaracken und einzeln stehende Schornsteine - Selteneingang - direkt auf die gesprengten Tötungsanlagen - der Ablauf: Zug kommt durch das Eingangstor - zur Rampe - SS Männer mit Hunden- Ausstieg aus den Waggons -Selektion per Handzeichen durch SS Arzt: - zu den ,Wasch'-Vergasungshallen -700 Menschen - Zyklon B wird oben eingeleitet - Todeskämpfe – Ersticken - Öffnen der Halle - Transport der Leichen in die Verbrennungsanlagen - Hochleistungsöfen der Firma Topf, Erfurt - Mit der Asche wurden Teiche aufgefüllt - in den Dachräumen der Krematorien werden Haare getrocknet - dort sind auch die ,Schlafplätze' der Funktionshäftlinge - Gedenken – Rose auf Gleise - Weg zu den Lagerbaracken - innen nur vierstöckige Pritschen aus grobem Holz uind Ziegelsteinen - zwei Kamine - geheizt wird aber nicht - kein Wasser - bis zu 1.000 Personen in einer Baracke - Waschräume und Latrinen - Ruhr - Typhus - Ratten - Frauenlager - Nahrung: Kohl-Kartoffelwasser - Musikkapelle - Alma Rose

Dieser Ort sei allerzeit ein Aufschrei der Verzweifelung und Mahnung an die Menschheit.

Hier ermordeten die Nazis etwa anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder. Die meisten waren Juden aus verschiedenen Ländern Europas,

Auschwitz - Birkenau

1940 - 1944 Fragen

Seit wann war das Morden bekannt? Was hätte getan werden können? Hätten nicht die Alliierten die Infrastruktur zerbomben müssen?

Aber ist nicht die Frage vorrangig , wie kommen Menschen, wie kommen Deutsche dazu, Menschen zu verleugnen und Massenmord industriell zu planen und durchzuführen.

Und wie rasch könnte heute wieder eine solche Haltung des Vordenkens, des Wegsehens, des Hinnehmens bis hin zum aktiven Unterstützen „wiederkommen“. Was kann ich tun, damit niemals mehr ein Holocaust geschieht?

Rainer Hagenacker




Nach Auschwitz

Wer ist Gottes Volk
Wer hat Gott vergessen

Vergessen
Erinnern
Erinnern lassen
Erinnert werden
Pflichtübungen
Lippenbekenntnisse

Nach Auschwitz
Wer ist Gottes Volk
Wer hat Gott vergessen
Erinnern
Lassen wir uns erinnern
werden wir erinnert
„dein Christus ein Jude“
6 Millionen ermordete Juden im Dritten Reich

Nach Auschwitz
Wiederaufbau
Wohlstand
Wohlanständigkeit
Selbstzufriedenheit
Vergessen

Nach Auschwitz
Fremdenhass
Fremdenverachtung
Nazirichter wieder an bundesdeutschen Gerichtshöfen
Juristen, die die Nürnberger Rassengesetze verfassten
Schändung von jüdischen Friedhöfen
Anschläge auf Synagogen
Auschwitz-Lüge
Verleugnung
Verdrängung
Vergessen

Wer ist Gottes Volk
Wer hat Gott vergessen
Aus Blindheit und Schuld





Kazimierz


Dienstag, 15.10.2002

Das Kazimierz - Viertel

Heute war das Kazimierz-Viertel von Krakau unser Ziel.

Die ehemalige Stadt Kazimierz bei Krakau wurde im Jahre l335 von Kazimierz dem Großen gegründet. Mit eigenem Rathaus, das heute ein volkskundliches Museum beherbergt, und einer Verteidigungsanlage konkurrierte Kazimierz mit Krakau. Nachdem König Jan Olbracht 1495 die Krakauer Juden hier ansiedelte, entwickelte sich die Stadt zum Zentrum jüdischer Kultur.Im Jahre l791 wurde Kazimierz verwaltungstechnisch in die Stadt Krakau eingegliedert.

Zunächst besuchten wir die Fronleichnamskirche, die unmittelbar ans jüdische Viertel grenzt. Sie ist eine 3-schiffige gotische Basilika mit Barockelementen, die von Kazimierz dem Großen 1340 gegründet, jedoch erst im 15. Jahrhundertvollendet wurde. Das schöne Chorgestühl stammt aus dem 17. Jahrhundert, während die holzgeschnitzte Kanzel und die Altäre im 18. Jahrhundert hergestellt wurden. Die Kirche beherbergt u.a. eine stattliche Anzahl von schönen Votivbildern.

Das Kazimierz-Viertel macht mit seinen alten Häusern einen etwas heruntergekommenen Eindruck; dadurch fallen die wenigen renovierten Gebäude besonders ms Auge. 7 Synagogen sind in diesem Viertel, u.a. die Hohe Synagoge aus dem 16. Jahrhundert, sie ist allerdings noch geschlossen. Von ihrer ursprünglichen Ausstattung sollen lediglich eine Opferbüchse und die Reste eines Altars erhalten sein. Die Alte Synagoge ist ein Ziegelbau mit Wehrmauern aus dem 15./16. Jahrhundert und beherbergt heute das jüdische Museum, das sich der Kultur und Geschichte der Krakauer Juden widmet. Die Isaak-Synagoge wurde zwischen 1638 und 1644 als Stiftung eines jüdischen Gemeindeältesten erbaut. Hier sahen wir den Film "Requiem für 50.000", der das Leben polnischer Juden und den Aufstand im Warschauer Ghetto in dramatischen Bildern behandelte. Außerdem war in der Synagoge eine Bilderausstellung über diese Themen zu sehen. Im Warschauer Ghetto hatten 68.000 bis 70,000 Juden gelebt, davon wurden 65.000 Menschen in den Jahren 1942 und 1943 m Auschwitz vergast. In ganz Polen lebten seinerzeit 3,5 Mio Juden. Unser polnischer Stadtführer erzählte uns, dass derzeit viele Asoziale im Kazimierz-Viertel leben; Juden sind im Stadtbild kaum auszumachen.

Unser nächstes Ziel war die Remuh Synagoge, die um 1553 von dem Augsburger Juden Israel Auerbach gegründet wurde. Benannt ist die Synagoge nach seinen Sohn, dem Schriftsteller, Philosophen und Wunderheiler Rabbi Moses Remuh, dessen Grabmal auf dem an der Synagoge liegenden Friedhof zur Pilgerstätte von Juden geworden ist. Nach dem Prager Friedhof ist der Remuh-Friedhof der älteste jüdische Friedhof- er stammt aus dem 16. Jahrhundert. Im 30-jährigen Krieg wurde der Friedhof aus Angst vor Verwüstungen durch die Schweden zum Teil mit Sand zugeschüttet Eist nach dem 2. Weltkrieg wurde er wieder ausgegraben; schöne alte Barock- und Renaissance-Grabsteine kamen zum Vorschein. Alle Grabtafeln waren auch in der Friedhofsmauer zu bewundern.

Mit der Straßenbahn fuhren wir dann über die Weichsel ins Krakauer Stadtviertel Potkuje, wo das ehemalige jüdische Ghetto gewesen war. In der vormaligen Apotheke "Adler", dessen Inhaber Pankiewicz während der Besatzungszeit vielen Juden geholfen hatte, war ein Widerstandszentrum im ehemaligen deutschen Generalgouvernement Krakau. Heute sind in den Apothekenräumen ein jüdisches Museum und ein Informationszentrum eingerichtet. Das Krakauer Ghetto, das zunächst wie eine kleine Stadt - mit gewerblichen Betrieben und sogar einem Krankenhaus - funktionierte, bestand von 1941 bis 1943. Zu Fuß machten wir dann einen Abstecher zu der Fabrik Schindlers aus dem bekannten Film "Schindlers Listet heute hat dort eine Emaillefabrik ihren Sitz.

Zum Abschluss wurden wir in ein typisch polnisches Restaurant geführt, wo wir uns u.a. mit einer Mulde Pieroggen oder einem halben Meter Rippchen sowie einem Liter Bier (hell und dunkel gemischt - lecker!) stärkten.

Danach fuhr ein Teil der Gruppe mit Taxis in die Innenstadt, um noch schnell den Turm der Marienkirche zu besteigen und dem historischen Turmbläser zur vollen Stunde unmittelbar zuhören zu können. Es war ein schönes Erlebnis, Krakau von oben zu sehen und den Trompetenklängen zu lauschen.

Am Abend gingen wir wieder in das Kazimierz-Viertel, wo wir in dem jüdischen Restaurant "Alef" bei Speis und Trank einem von drei Musikern veranstalteten jüdischen Konzert beiwohnten.

Heidi und Siegfried




Wieliczka und Zakopane


Mittwoch, 16.10.2002

Wieliczka und Zakopane

Heute hieß es für uns alle: Sehr fiüh aufstehen! Wir hatten nämlich eine lange Fahrt vor uns. Kurz nach 7 Uhr transportierte der Bus eine verschlafene Gesellschaft durch das graue und etwas nieselige Krakau Richtung Süden.

Unser erster Halt war am Salzbergwerk Wieliczka. Diese Salzgrube ist das größte Salzbergwerk Polens. Sie umfasst etwa 300 km unterirdische Gänge auf 9 Sohlen. Heute werden täglich noch 70 t Salz gefördert, und in den tieferen Sohlen werden Asthmakranke behandelt. Heute ist es als Museum sehr bedeutend und gehört zum Weltkulturerbe. Es bietet insgesamt 700 Menschen Arbeitsplätze, 400 für die Touristik und noch 300 im Bergwerk selbst.

Für Besucher sind drei Sohlen zwischen 64- 135m unter Tage als Touristenstrecke eingerichtet. Ihre Länge beträgt etwa 3 km, also 1% der Gesamtstrecken dieses Bergwerks. Die Besichtigung dauert etwa zwei Stunden.

Unser Führer war ein sehr freundlicher ehemaliger Bergmann, der auch viele Jahre in Deutschland gearbeitet hatte und demzufolge sehr gutes Deutsch sprach. Er lockerte seinen Vortrag immer wieder durch kleine Anekdoten und Wortspielereien auf Die Salzgrube Wieliczka besteht aus wundervollen Steinsalzhöhlen. Viele von ihnen sind in mühevoller Arbeit von Künstlern zu Kapellen mit Altären und Skulpturen aus Steinsalz. ausgestaltet worden. Es gibt aber auch Salzseen, aus denen das Siedesalz gewonnen wird.

Der schönste und grüßte Saal ist der Hl. Kinga gewidmet. Diese Steinsalzkammer ist 50m lang und 17 m breit. Von der hohen Decke hängen mehrere riesige Kronleuchter, deren Prismen alte aus Steinsalz geschnitten sind. Der größte ist über drei Tonnen schwer Der Fußboden weist ein wunderbar glattes Parkettmuster auf In die Seitenwände dieses Saales sind Reliefbilder geschnitten, die das Leben Jesu zum Thema haben.. Auch eine große Statue des Papstes befindet sich in diesem Saal.

Heute dient dieser Saal verschiedenen Festlichkeiten wie Konzerten und Gottesdiensten, die besonders zu den Namenstagen der Hl.. Barbara (4. 12.) und der Hl. .Kinga (24,7.) und zu Weihnachten (25.12.) stattfinden.

In einigen Höhlen und Kammern wird auch die gefährliche und harte Arbeit der Bergleute unter Tage in anschaulichen Szenen dargestellt. Zur Zeit des 2. Weltkrieges nutzten die Nazis einige große Säle als bombensichere Werkstätten, in denen Juden zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Bei unserer Wanderung durch die langen Gänge und verschiedenen Räume fielen uns immer wieder die kunstvollen Zimmermannsarbeiten auf, mit denen die Decken abgestützt werden. Dazu wurde weiches Holz verwendet, das durch die Salzlake im Laufe der Zeit immer härter und widerstandsfähiger wird.

Hinunter mussten wir über dreihundertachtzig Stufen steigen. Nach einer kleinen Teepause und einem kurzen shopping stop wurden wir in engen Förderkörben wieder an das Tageslicht transportiert. Diese Fahrt in den engen Drahtkörben verursachte bei einigen doch Beklemmungen. Oben angenommen warteten schon jede Menge Schulklassen, die auch in die Grube einfahren wollten. Für uns Lehrer war es sehr interessant zu sehen, wie diszipliniert und ruhig diese Kinder in den langen Schlangen warteten. Hätten wir doch auch mal so brave Schüler!

Nun ging's weiter nach Zakopane in der Hohen Tatra, So allmählich veränderte sich die Landschaft und auch das Wetter- es wurde richtig sonnig und warm. Weile Wiesenflächen wechselten ab mit Nadelwald, dazwischen Birken und Lärchen. Sie glich erst dem Sauerland, dann dem Schwarzwald und - als wir angekommen waren- sah es aus wie in den Alpen!!

Die Hohe Tatra ist das kleinste Hochgebirge Europas, sie misst ca. 80 km in der Länge und etwa 50 km in der Breite und erstreckt sich im Grenzgebiet zwischen Polen, der Slowakei und Tschechien . Ihre höchsten Berge sind etwa 2600 m hoch. Hier sind auch heute noch Bären, Wölfe., Luchse und Murmeltiere zu Hause. Das Klima, hier ist hart, etwa 120 Tage im Jahr sinken die Temperaturen unter 0 Grad. In der Tatra leben die Goralen, ein Volk mit einer eigenen Sprache und Kultur. Ihr Haupterwerbszweig war bis vor Kurzem nur die Viehzucht.

Zakopane ist das Zentrum des Tourismus, der in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat und mittlerweile die Haupteinnahmequelle darstellt. Zakopane ist eine verhältnismäßig junge Siedlung, die ältesten Gebäude sind etwa 150 Jahre alt. Hier hat sich im 19.Jahrhundert ein eigener Baustil entwickelt. Die Häuser sind aus Fichten- oder Lärchenholz im Blockhausstil gebaut. Sie haben steile Dächer mit Giebeln zu allen Seiten. Das typische Zakopane-Haus hat nicht mehr als zwei Stockwerke. Obwohl es mitten in der Woche war, herrschte in der Fußgängerzone ein geschäftiges Treiben.

Wie muss es hier erst am Wochenende zugehen!

An allen Ecken konnten wir die landestypischen Produkte wie geräucherten Schafkäse , Honig, Holzschnitzereien und alle Arten von Textilien aus Schafswolle erwerben. Im Eiltempo (arme Ulrike!) ging es quer durch die ganze Stadt zu einer Holzkirche, die innen mit landestypischen Schnitzereien und bemalten Figuren geschmückt war. Der angrenzende Friedhof lud zu einer ausgiebigen Fotosession ein, denn jedes Grabmal war individuell und künstlerisch gestaltet.

Nach einem ausführlichen Mittagsmahl in einem typischen Lokal führen wir mit einer Bergbahn auf einen Aussichtsberg. Von dort aus halten wir einen weiten Blick auf den Hauptkamm der Tatra, allerdings waren die Berge etwas in Dunst gehüllt. Nach einem kurzen Bummel über den täglich stattfindenden Markt, wo alte Babuschkas ihre Waren anboten, kehrten wir alle etwas müde - und einige mit Tüten bepackt - zum Bus zurück.
Auf der Heimfahrt war es recht still im Bus. Man konnte nur gleichmäßiges Atmen wahrnehmen. Und wie schreibt man immer am Ende eines Besinnungsaufsatzes?

Das war wirklich ein schöner Tag!

Gerda und Gabi





Die Alte Synagoge in Kazimierz


Die Juden leben seit 8 Jahrhunderten in Polen. Aber ein genaues Gründungsdatum der ersten jüdischen Siedlung im polnischen Raum ist nicht bekannt. Es existieren zwei Thesen zu diesem Thema, die im XIX Jh. zum ersten Mal formuliert wurden.

Die erste These wurde im liberalen und assimilierten jüdischen Milieu entwickelt. Es geht um eine Legende über Po-Lin (Jüdische Name fi1r Polen; hebr. "Hier verbleib") - einem gastlichen Land, welches Gott selbst den jüdischen Exilanten gezeigt haben soll. Tadeusz Czacki, ein polnischer Historiker schreibt in seinem 1807 veröffentlichten Buch "Abhandlung über Juden und Karaiten", dass die jüdischen Kolonisten sowoW aus deutschsprachigen Gebieten als auch aus dem an der Wolga liegenden Staat Chasaars nach Polen gekommen seien. Diese Tatsache ist ein Beweis filr die slawische Genealogie der Juden.

Die andere, gegensätzliche Theorie klingt überzeugender, weil sie sich durch historische. Dokumente beweisen lässt. Sie sagt, dass die ersten Juden sich in Großpoien und in ScWesien, dem so genannten "deutschen Gesetz", angesiedelt haben. Diese Länder waren sehr wichtig filr den mittelalterlichen, transeuropäischen Handelsweg, der sich von Spanien bis zur französischen Provence erstreckte.

Arabische und jüdische (nach dem Rodan, einem Fluss in Frankreich, benannte) KaufIllänner haben in slawischen Ländern die Sklaven gekauft. Außerdem brachten sie auch seidene Materialien, Wurzeln (Pfeffer, Safran, Ingwer und Muskatnuss) aus Afrika und Nahost nach Polen.

Wir müssen uns an dieser Stelle daran erinnern, dass heide _onzeptionen in der Zeit entstanden sind, als der Antisemitismus in Form des so genannten "jüdischen Problems" weite Verbreitung fand. Der Antisemitismus der westlichen Händler, der die Juden als Feinde brandmarkte, ist aus dem ökonomischen Interesse jener herzuleiten. Dagegen war die "östliche" Idee darauf bedacht zu erinnern, dass Juden seit Jahrhunderten bodenständige Bewohner Polens waren.

Die jüdische Flüchtlingen Osten begann etwa zwischen dem XII. und XIII. Jh., also noch vor der mongolischen Invasion, und hat kontinuierlich bis zum XIV. Jh. gedauert. Flankiert wurde diese Wanderung der jüdischen Bevölkerung mit unbekanntem Ziel durch das so genannte Siedlungsfieber, dass im XIII. und XIV Jh. vor Allem von deutschen und niederländischen Bevölkerungsteilen getragen wurde. ObwoW andererseits, was den Antisemitismus anbelangt, schon seit langer Zeit ein Zusammenhang zwischen dem ökonomisch motiviertem Antisemitismus und dem christlichen Antisemitismus festzustellen war.
Die erste Privilegien bekamen die großpolnischen Juden im Jahre 1264. Sie hatten das Recht frei in Polen zu reisen. Außerdem konnten sie Handelsgegenstände und Immobilien verkaufen und leihen. Darüber hinaus hatten sie das Recht auf freie Entfaltung der jüdischen Religion.

Die gesamte Geschichte der Juden in Polen spiegelt die Situation der anderen europäischen Juden wieder. In Polen waren die Juden vornehmlich FinanzexjJerten, Bankiers, Fiskalbeamte, Geschäftsleute und Mincer. ObwoW nur Wenige von ihnen wirklich reich waren, gab es Neid und den Widerwillen der polnischen Bürger und Kaufmänner, der zu vielen Pogromen und Verfolgungen fiihrte. Zudem wurde die jüdische Bevölkerung auch oft aus religiösen Gründen verfolgt. Dennoch unterschied sich die jüdische Bevölkerung in Polen von anderen jüdischen Siedlungen Europas. Sie war sehr orthodox geprägt und lässt sich dem traditionellen Milieu zuordnen. Obwohl die polnischen Juden in Polen gelebt und mit der nicht jüdischen, polnischen Bevölkerung manchmal zusammengearbeitet haben, fand eine Assimilation nicht in dem Maße wie zum Beispiel bei den deutschen Juden statt.

In fast jedem kleinen Dorf oder Stadt und in jeder größeren Stadt waren die Juden ghettoisiert. Sie hatten ihre eigenen Geschäfte, koschere Schlachthöfe, Synagogen, Schulen und Mikwen und schufen eine eigene von dem Leben der christlichen Nachbarn sehr verschiedene Welt. Kennenlernen kann man diese Welt unter Anderem in der zeitgenössischen Literatur zum Beispiel von I.B. Singer, I.L.Perec oder Sholem Alejchem. Sie ist nicht nur Ausdruck des damaligen Aberglaubens, der religiösen Gebote und Vorschriften und der temporären, religiösen Rituale, sondern auch voll von Witz und Zaubern, Welt.

"Unter den polnischen Juden war die kabalistische Bewegung sehr berühmt. Dementsprechend hat der Sabattanismus (abgeleitet von dem Wort Sabatai Cwi, einem falschen Messias, der im türkischen Smyrna erschienen sein soll) hier viele Anhänger gehabt.

Es gibt spezifische Bewegungen die in dem Milieu der polnischen Juden entstanden sind. Bis heute ist die jüdische Musik - zum Beispiel von Klezmer - weltbekannt. Die Juden in Polen hatten, neben dem Hebräischen, ihre eigene Sprache: das so genannte Jiddisch. Jiddisch ist eine jüdisch-deutsche Sprache (der Name ist eine Abkürzung vonjidish-dajcz), die ashkenazinische Juden benutzt haben. Sie wurde mit dem hebräischen Alphabet geschrieben; grundsätzlich aber war sie eine Redeprache, die manchmal als Jargon benutzt wurde. Es ist die Sprache der jüdischen Lieder und der chassidischen Erzählungen. Die berühmtesten jüdischen Schriftsteller, also Scholem Alejchem, I.L.Perec, Mendele Mojcher Sforim haben in jiddisch geschrieben.

Zwischen 1740 und 1745 ist die chassidische Bewegung entstanden. Ihr Begründer ist Dow Ber aus Miedzyrzecz; die grundsätzlichen Ideen stammen von Baal Shem Tow (d.b. Der Herr des guten Namen) aus dem südlichen Polen (Podole). Der Chassidismus ist eine religiöse Wiedergeburtsbewegung. Die Juden, die die Pogrome überlebten, aber geistlich und physisch schwer getroffen waren, nahmen diese Ideen auf. Die Baal Shem Tows-Anhänger haben Kabala interpretiert und meinten, dass Gott in allem Leben Erscheinungen gefunden haben soll, weil die Welt in ihm existiert und man ihm auch mit einfachen Arbeiten dienen könne. Die Chassiden haben an Spuren göttlicher Ausstrahlung in der Welt geglaubt, und sie glaubten, dass Gott auch in einer durch Tanz und Gesang erreichbaren Ekstase, sogar durch Alkohol- und Tabakbenutzung, erfahrbar sei. Auch durch geistige und finanzielle Unterstützung der Armen fanden ihre Ideen Verbreitung. Jede chassidische Gesellschaft bildete sich um einen charismatischen "Führer", den so genannten Tzadik. Nach der Vorstellung der Chassiden verfUgte Tzadik über magische Kräfte und war ein Verbindungsglied zwischen Gott (dem Metaphysischen) und der Welt (dem irdischen Leben). Sie hatten eine eigene Synagoge und eigene Liturgie.

Die so genannten Mitnagdirn ,die Gegner der chassidischen Bewegung haben oft versucht sie zu verbannen, aber die Chassiden fanden eine große Anhängerschaft, so dass Anfang des XIX Jh. fast in jedem kleinen Dorf ein chassidischer Hof existierte. Die chassidischen Ideen blieben sogar bis ins 20. Jh. lebendig, und besonders in Israel gibt es auch heute noch viele Anhänger einzelner Tzadiken.

In Europa aber wurde diese vielfaltige Kultur durch den Holocaust und die industrielle Vernichtung der europäischen Juden durch Nazideutschland vollständig zerstört.




Geschichte des Jüdischen Viertels


Krakau und in Kazimierz

Die Juden sind wahrscheinlich in der 2. Hälfte des XIII Jh. nach Krakow gekommen. Die ersten Informationen über jüdisches Leben in dieser Stadt datieren auf das Jahr 1304 und betreffen die Jüdische Strasse in der Stadt (die heutige Heilige-Anna-Strasse). Dort, zwischen einigen, wenigen christlichen Häusern, fanden sich Wohnungen, Geschäfte und Lagerstätten der polnischen Juden; im XVI. und XV. Jh. existierten dort auch zwei Synagogen (so genannte Bomice), ein Kahals Haus, eine Schule, ein Haus, in dem Hochzeiten stattfanden, ein jüdischer Friedhof und Mykwe.

Die Krakauer Bürger versuchten die Juden aus Krakau zu vertreiben. Schon 1392 verabschiedete der bürgerliche Rat der Stadt Krakow ein Gesetz, das besagte, dass Juden, die bei Christen ein Haus gekauft haben, es nicht an die Ihrigen weiterverkaufen durften.

Auch die Krakauer Akademie waren sehr an jüdischen Grundstücken interessiert, die sie filr eigene Gebäude haben wollten. 1469 unterschrieb die Akademie mit den Juden einen Mitvertrag, in dem stand, dass die Juden freiwillig und ohne Zwang ihre Synagoge, ihr Rathaus, ihre Schule, Mykwe und andere kabale Institutionen an die Akademie abtraten und im Gegenzug neue Grundstücke bei der Hl. Thomas Str. bekamen. An dieser Strasse bauten die Juden die neue Synagoge, um welche sie andere kabale Institutionen anordneten. Seit dieser Zeit heißt diese Strasse Jüdische Straße.

Trotz Allem wurden die Juden von den Krakower BürgerInnen immer als Konkurrenz angesehen, so dass jene oftmals Opfer von Antisemitismus wurden, dessen Ziel in letzter Konsequenz die oftmals die vollständige Vertreibung der Juden meinte. Die jüdische Bevölkerung sollte größtenteils durch massive Diskriminierungsmaßnahmen eingeschüchtert werden. In 1494 gab es das erste Pogrom. Der polnische König Jan Olbracht ließ alle alten Juden und den Rabbi im Geflingnis einsperren; danach wurden die Juden von seinem Bruder nach Anweisung des Kardinals aus Krakau vertrieben.

Die Juden, in der Hoffnung später in ihre Heimat zurückkehren zu können, siedelten sich nun im nahegelegenen Kazimierz (Oppidium Judeorum) an. Kazimierz war Anfang des XIV Jh. durch den damaligen polnischen König Kazimierz dem Grossen gegründet worden, und seitdem existierte an dieser Stelle auch eine kleine jüdische Gemeinde. Diese Stadt war vollständig unabhängig von Krakau und hatte ihren eigenen Rat und eine eigene Handelspolitik.

Die ersten jüdischen Siedler wohnten in einem kleinen nordöstlichen Viertel direkt neben der Stadtmauer. Dem Zentrum Kazimierz Ghetto war ein länglicher Platz, die heutige Szeroka Str., an dessen Südseite die Alte Synagoge erbaut wurde.

Kazimierz war zu klein ft1r so viele Einwohner; besonders nachdem Anfang des XVI Jh. eine große Migrationsbewegung jüdischer Bevölkerungsteile aus.Böhmen und Mähren stattgefunden hatte. Die Juden kauften das Grundstück von der Stadt. Bereits in den Jahren 1583 und 1608 waren die Grenzen des jüdischen Ghettos schon festgelegt worden und zwar: von Norden: die Mauem längs Miodowa Str.; von Osten: die Mauem von Kazimierz an Dajwor und Starowislna; von Suden: Hl. Wawrzyniec Str. (Ehemaliges Friedhofsmauer) und Kloster des Hl. Hut Mauem an Joseph Str.; von Westen: die Ruckseiten des Hauser an Hl. Haut Str. In dieser so genannt jüdischen Stadt war der Wohnraum sehr begrenzt. Kazimierz war sehr dicht bebaut und besiedelt. Neben Privatwohnungen und Geschäftshäusern existierten dort auch acht Synagogen: Die Alte Synagoge aus dem XIV, Jh., die Remuh Synagoge(1556;1557-58), die Ajzyk Synagoge (1639), die Hohe Synagoge (1563), die Poper Synagoge (1620), die Kupa Synagoge (1590), die Synagoge aufdem Kleinem Gebirge (Anfang des XVII Jh.) und die Tempel-Synagoge (1860-1862). Bis zum Ende des XVIII Jh. wohnte in dieser Stadt fast die gesamte jüdische Bevölkerung Krakaus. Jenseits der Grenzen Kazimierzs konnten lediglich vermögendere Juden wohnen. Anfang des XIX Jh. begann dann das Ghetto sich in RichtUng der Dietl-Straße auszudehnen. Im Jahre 1822 befahl dann der Senat der Freistadt Krakau die Mauern um die jüdische Stadt abzureißen. Eine .Gesetz aus dem 1867 hat den Juden politische Rechts gegeben und seit denn die Juden konnten um an andere Stadteile sich zu ziehen. In Kazimierz verblieben nur die orthodoxen und armen' Bevölkerungsteile. Die Juden lebten in Krakau und in Kazimierz bis zu derdem Überfall Nazideutschlands a:UfPolen folgenden Massenvernichtung der europäischen Juden durch den deutschen Faschismus; fast die gesamte jüdische Bevölkerung Krakaus wurde von der Wehrmacht oder der SS ermordet. Nach 1945 war das jüdische Viertel unbewohnt und zerstört. Überlebende, polnische Juden und Juden aus Amerika und Israel versuchten nun die jahrhundertealte Tradition zu neuem Leben zu erWecken. Jedes Jahr wird dort ein jüdisches Kulturfestival von ihnen organisiert. Dennoch existieren die jüdische Stadt und ihre Bevölkerung nicht mehr.




Alte Synagoge in Krakau


In Polen wurden die ersten Synagogen, die als Gebäude ausschließlich zu diesem Zweck dienten, erst im XIV. Jh. errichtet. Durch antisemitische Pogrome und den von Deutschland ausgegangenen 2. Weltkrieg mit dem Ziel der vollständigen Vernichtung der europäischen Juden und der Unterwerfung und Ausbeutung der europäischen Völker existiert heute keine mehr von ihnen. Am Schönsten und am Originellsten waren in Polen vermutlich die Holzsynagogen. Zwischen dem XVII. und XIX. Jh. wurden über einige zehn, hauptsächlich in Litauen, Mazowsze und Podlasie, errichtet. Der Stil der verwendeten Bauweise war maßgeblich durch die polnische Hofarchitektur beeinflusst worden. Charakterist_ch filr diese Architektur sind sehr schöne Malereidekorationen und Holzschnitzereien im Innenraum an Gewebeornamentik vorgebildet. In den Innenräumen ließen sich eine Vielzahl jüdischer. Symbole und traditioneller Motive finden. Auch"charakteristisch filr Polen waren die so . genannten Festungssynagogen, die auf grund ihrer massiven, geschlossenen Form und der Schießscharten in der Attikazone Festungen gleichen und auch als solche dienten. Diese Synagogen dienten neben ihrer sakralen Funktion vor Allem auch als Zuflucht vor Kosaken.

Die Synagoge in Krakau ist das älteste Gebäude Kazimierzs und die älteste polnische Synagoge. Erstmals erwähnt wird diese Synagoge im Jahre 1550. Diese Synagoge lag am Ende der Joseph-Str. unter der Festungsmauer Kazimie..zs. Sie schließt Szeroka Sft. von Suden auf. Wahrscheinlich war es eine Konstruktion, die sowohl aus Mauern als auch aus Holz bestand und auf steinernem Untergn1Ild gebaut war. Reste der gotischen Mauer zeugen von der Existenz dieser Synagoge.

Dokumente besagen, dass die Synagoge von tschechischen Juden in der 2. Hälfte des XV .Jh. (Datiert bei Krinsky: 1494) erbaut worden ist. Diese Juden kamen als Exilanten nach Kazimierz, nachdem sie dem Prager Pogrom in 1389 entkommen waren. Ursprünglich war die Synagoge ein Gebäude, das sehr dicht von anderen Häusern und Gebäuden umgeben war, die mit vielen Treppen und Korridoren mit der Synagoge verbunden waren. Nach einer Restauration Anfang des XX Jh. werden diese Gebäude jedoch zerstört. Lediglich ein Teil eines Hauses an der westlichen Seite der Synagoge bleibt bestehen; dort befindet sich das Treppenhaus, das zur Frauengalerie führte.

Sehr ähnliche Synagogentypen lassen sich auch in Frag und in Worms finden. Auchdie 1519' zerstörte Synagoge Regensburgwar dergestalt. Worms, Regensburg, Pragund _akau liegen im Einzugsgebiet einer damaligen, jüdischen Migrationsbewegung, die entlang den Rhein, die Donau, die Elbe, die Qder und die stattfand. Aber wahrscheinlich sind es nicht nur diese . Fakten, die die Synagogeform beeii1flussen konnten. Es gibt auch in Polen Bauwerke, die diesem Baustil sehr verwandt scheinen. Es sind polnische Kirchen und Klöster aus dem XIII. Jahrhundert.

Nach dem Brand von 1557 wird die Synagoge im Jahre 1570 durch Matteo Gucci im Krakauer Renaissancestil wiederaufgebaut. Ursprünglich war der Hauptrumpf der Klumpen mit einem Giebeldach bedeckt und wahrscheinlich hatte die Synagoge auch Spitzbogenfenster.

Die Alte Synagoge brannte in ihrer Geschichte zweimal ab; das letzte Mal im Jahre 1773. Nach jedem Brand wurde die Synagoge in neuem Stil wiederaufgebaut. Die größten Änderungen in der Synagoge wurden in den Jahren 1905-1913 vorgenommen.

Der Boden vor der Synagoge wurde herabgesetzt und versperrt: Während des 2. Weltkriegs wurde die Synagoge teilweise zerstört. Nach dem Krieg wurde die Synagoge rekonstruiert und zu einem Judaica Museum umfunktioniert.




Jüdisches Kulturzentrum Krakau


Begrüßung

Wir wurden von dem Leiter des Jüdischen Zentrums begrüßt. Leider hatten wir nur wenig Zeit, dass wunderschöne Gebäude zu besichtigen. Deshalb an dieser Stelle einige Zusätzliche Informationen.

Sitz des Zentrums ist das Gebetshaus (Bejit ha-midraasch), das in den 8Der Jahren des 19. Jahrhunderts von der Jüdischen Gebets- und Wohlfahrtsgesellschaft gebaut wurde. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erfüllte das Haus religiöse Funktionen. Seit Anfang der 8Der Jahren war es eine verlassenen Ruine. Eine gründliche Erneuerung und Modernisierung, durchgeführt in den Jahren 1989 1993, wurde möglich dank der finanziellen Hilfe des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika, vermittelt durch die Gemeinsame Polnisch-Amerikanische Kommission für Humanitäre Hilfe in Warschau.

Das Zentrum begann seine Tätigkeit am 24.November 1993. Das Zentrum ist ein öffentlicher Ort. Das Programm richtet sich an das jüdische Publikum ebenso wie an das nicht jüdische, sowohl das polnische, als auch das ausländische. Das Programm setzt sich zusammen aus Vorträgen, Begegnungen mit Autoren, Buchpräsentationen, Konferenzen und Seminaren, Sommerprogrammen, Filmvorführungen, Konzerten sowie Ausstellungen.

Als Bürgerinitiative im weitesten Sinne lässt sich am besten dieses Unternehmen beschreiben; dessen Hauptziele sind der Schutz des jüdischen Erbes im Krakauer Stadtteil Kazimierz und die Aufrechterhaltung des Gedankens an die Jahrhunderte währende Anwesenheit der Juden in Polen sowie an die polnisch-jüdische Nachbarschaft und die Verbreitung des Wissens über
die Geschichte und die Kultur.

Darbietung von zwei Filmen

Es wurden uns zwei Archivfilme gezeigt.

Der erste Film zeigte das Leben in Krakau und Kazimierz vor dem, zweiten Weltkrieg. Der Text wurde in jiddisch gesprochen, zur Erläuterung dienten englische Untertitel. Es wurden das Leben auf der Straße, Wohnhäuser, soziale Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude und Synagogen gezeigt.

Der zweite Dokumentarfilm zeigte ein Abriss des jüdischen Lebens in Polen vom 13.Jahrhundert bis zur Gegenwart. Die Darstellung erfolgte anhand von Bildern aus der Kunstausstellung "Der unerwartete Gast" von Dr. Marek Rostworowski im Nationalmuseum aus dem Jahre 1989. Der Film zeigte, dass vor dem ersten Weltkrieg die Juden ein Teil der Bevölkerung in Polen waren. Sie nahmen am wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Leben teil. Während der russischen Besatzung fanden die ersten Progrome statt. Nach dem zweiten Weltkrieg zogen Polen in die freigewordenen Wohnungen in Krakau und, Kazimierz. Heute sehen die Polen Juden aus der "Distanz", sie sind ein "unerwarteter Gast" geworden.

Titel des Filmes: "Der unerwartete Gast", ein Film von William Brand, 1996, Produktion FFFZ Film Funk Fernseh Zentrum der Evangelischen Kirche im Rheinland Düsseldorf, 28 Min., Farbe, VHS, Fax 0211/4580-200, TeI.0211/4580-250

Bericht des Zeitzeugen Tadeusz Sobolewicz

Fast alle von uns hatten bereits Berichte von Zeitzeugen gehört, aber bei jeder neuen Begegnung mit den unfassbaren Gräueltaten entsteht immer wieder ein bedrückendes Gefühl im Vorfeld.

Tadeusz Sobolewicz fing sofort an, zu erzählen: In fließendem Deutsch begrüßte er uns, ein freundlicher, agiler älterer Herr. Seine Erzählweise war sehr anschaulich, ging unter die Haut. Immer wieder sprang erwährend seines Vortrags auf, seine Figur straffte sich, er schlug mit der Faust auf den Tisch. Man spürte seine Betroffenheit auch noch nach den vielen
Jahren.

Doch es sprach nicht Hass aüs ihm oder der Wunsch nach Vergeltung. Sein Bericht hatte für ihn den Zweck, dass das Geschehene nicht in Vergessenheit gerät.

Er wurde 1924 in Poznan (Posen) geboren. Bis zu seiner Verhaftung durch deutsche Besetzer besuchte er dort das Gymnasium. Er wurde als Siebzehnjähriger 1941 als Verbindungsmann einer Widerstandsgruppe verhaftetEr half seinem Vater, einem polnischen Offizier, bei der Verteilung von Flugblättern und Zeitungen gegenßie deutschen Besetzer. Er berichtete über seine Odyssee durch die Konzentrationslager Auschwitz, in dem er seinen Vater starb, Buchenwald und Flossenbürg sowie durch die sogenannten Außenlager Leipzig, Mülsen und Regensburg. Durch eine Vie1zahl von Zufällen überlebte er.

Er erzählte, dass er in Auschwitz die Nummer 23053 erhielt, von der Begrüßung durch den Hauptsturmführer Grätsch. Wieder sprang er auf mit zackiger Bewegung. "Hier wird gearbeitet, der Jude 14 Tage, Priester 4 Wochen, die anderen 3 - 4 Wochen und dann geht es ab durch den Kamin." Er erfuhr, dass neben der SS dje größten Feinde im Lager der Hunger und die Läuse waren. Er bekam Fleckfieber, nach dem Tod seines Vaters wollte er sich das leben nehmen. Er wurde, immer wieder bis an seine körperlichen und psychischen Grenzen getrieben, doch er fand auch immer wieder Menschen, die ihm der Not halfen, Polen, Juden oder Deutsche. Eines Tages habe ihm ein Häftling eine goldene Uhr in die Hand gedrückt. Geld und Gold eröffneten ihm Wege, zu überleben, genauso wie mehr Brot, Medizin oder eine bessere Arbeit. Nach dem Aufstand im lager Birkenau konnte er sich aus den brennenden Waschräumen retten. Mithäftlinge versorgten seine Wunden. Er hätte die Qualen nur durch die Solidarität der Mitgefangnen überleben können. manchmal durch Glück und er half selbst, wenn es ihm möglich war, auch wenn er sich dabei oft selbst in Gefahr brachte.

Kurz vor Kriegsende gelang ihm während eines der berüchtigten Todesmärsche durch Bayern die Flucht. Bei Bauern des Dorfes Muttering fand er Unterschlupf, bis er von Soldaten der US-Army befreit wurde.

Nach seiner Befreiung wollte er eigentlich in Deutschland bleiben, weil er, der polnisch-katholische Widerstandskämpfer, sich nicht mit dem in Polen installierten kommunistische Regime anfreunden konnte. Er half, dass Polen sich ins Ausland absetzen konnten. 1947 ging er dann doch nach Polen zurück, weil seine Mutter das KZ Ravensbrück überlebt hatte. Er lebte bei ihr, machte das Abitur nach, studierte Philosophie und Kunstgeschichte und ließ sich als Schauspieler ausbilden. Er arbeitete mit großem Erfolg an den wichtigsten Bühnen seines Landes. Die Schauspielkunst habe es ihm ermöglicht, seine Geschichte, sein Leben und das Leid zu verarbeiten und abzuarbeiten.

Bei einem Besuch der Stadt Hiroshima, welche er aufgrund einer Einladung besuchte, war er beeindruckt von dem leiden der Opfer des Atomangriffs.

Er endet seinen Vortrag mit einem Appell an uns: "Warum, wozu und wie lange noch entwickelt der Mensch Waffen? Nach der Wiedervereinigung sind sie ein Volk von 80 Millionen. Nehmen sie ihre politischen Einflussmöglichkeiten wahr. Sie sind sehr groß. Wir haben schon zusammen gearbeitet für den Frieden im Kosovo, deutsche und polnische Soldaten. Unter dem Faschismus leiden alle Völker. Nehmen sie ihr Wissen über alles, dass es sich nicht wiederholt. Man muss Mensch bleiben, immer
und in jeder Situation.

Sein Appell hinterließ einen tiefen Eindruck bei uns allen.




Besuch im Rathaus der Stadt Krakau


Gut vorbereitet und wohl organisiert war das Treffen im Rathaus mit dem Leiter des Dezernats für Bildung und Kultur sowie dem Leiter des Zentrums für jüdische Kultur. Ein großer Besprechungsraum mit ausgelegtem Informationsmaterial sowie der in einem Vorraum aufgebaute Tisch mit Kaffee, Tee und Gebäck sorgten für eine angenehme Atmosphäre. .

Aufrecht stehend und mit offenem Stolz referierte der Dezernent über alle wesentlichen Belange seines Bildungskuratoriums für die 750.000 Einwohner zählende Stadt Krakau und die umgebende Region. Neben dem Stadtamt für Kultur und Bildung fallen auch technische Angelegenheiten wie Finanzen und Administration in seinen Aufgabenbereich. 15 Mio Euro (3% des Haushalts) stehen als Kulturetat zur Verfügung. Die Probleme im Bildungsbereich ähneln den unsrigen. Bei einer fallenden Geburtenrate von 1982 = 13.637 auf 2001 = 5.000 Geburten zeigt sich eine Veränderung bei der Struktur der Schul- und Ausbildungsauswahl. Waren es vor 20 Jahren nur 30 %, die das Abitur anstrebten, so sind es heute nahezu 90 %. Der Dezernent erläuterte mit vielfältigen Einzelangaben aber auch mit strukturierten Aufzählungen das polnische Bildungssystem, wobei er gestellte Fragen ausführlich beantwortete.

Einige wesentliche Punkte:

In Polen besteht eine Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr. Eine durchgeführte Schulreform brachte eine Änderung der sog. Grundschulzeit von bisher 8 auf nunmehr 6 Grundschuljahre. Daran schließt sich das Gymnasium mit 4 Schuljahren an, welches zusammen mit der Grundschule die Pflichtschule im näheren Umkreis bildet. Darauf aufbauend finden sich die Lyzeen, Fachschulen und Berufsfachschulen, die mit dem Abitur nach weiteren 3 - 4 Jahren abschließen und zum Studium befähigen. Der Abschluss des Gymnasiums erfolgt per externer Abschlußprüfung, in welchen 50 % der Noten aus den Fächern und 50 % Noten aus der Abschlußprüfung mittels eines Punktesystems eingehen. Quoten für das Erlangen des Abiturs sind nicht bekannt, allerdings nehmen ca. 30% der Abiturienten ein Studium auf.

Eine Diskussion über die Vergütungs verhältnisse der Lehrer brachte Erstaunliches zu Tage.
Die ca. 14.000 Lehrkräfte sind Angestellte der Kommune und werden regelmäßig bzgl. ihrer Leistungsfähigkeit beurteilt, was durchaus auch zu Auf- und Abstufungen führen kann.
Im Vergleich zum Durchschnittseinkommen in Polen in Höhe von 550 Euro liegen die Gehälter für Lehrer, Ärzte, Beamte und Pflegepersonal im Schnitt unter 400 Euro. Die Vergütung der Lehrer ist in 4 Stufen eingeteilt, wobei die höchste Stufe mit 750 Euro angegeben wurde, einschI. 13. Gehalt und Jubiläumsgeld. Die Vergütung erfolgt unabhängig vom Schultyp.

Neben den vorgenannten Diskussionspunkten und Erläuterungen informierte der Dezernent auch über Anzahl der schulischen Einrichtungen, Schülerzahlen, Ausgaben und Kosten für Kinderkrippen, Sonderschulen, Kulturzentren, u.v.a.m.

Angesprochen auf die Zuständigkeitsbereiche der Behörden erklärte er mit einem lächelnden Augenzwinkern, dass dies nicht immer zwingend logisch aufgebaut sei. So gibt es wohl Verpflechtungen zwischen staatlicher Verwaltung, d.h. Vertreter der Regierung aus Warschau, und der lokalen Selbstverwaltung der Gemeinden und Städte, die nicht eindeutig darstellbar sind.


2Bei uns ist der Eindruck entstanden, dass Polen ein modemes Schulsystem etabliert hat, welches leistungsorientiert ausgerichtet ist und die Anforderungen im Hinblick auf die Integration in Europa zu erfüllen scheint.

Besonders gewürdigt werden muss noch der Übersetzer, der im Laufe des Nachmittags den gesamten Ablauf in die jeweils andere Sprache umfangreich und engagiert übersetzt hat.

Vollgestopft mit Informationen verließen wir das Rathaus, mit der Freigabe den Abend zur freien Verfügung zu haben, den jeder individuell gestaltete. Wir waren ..ein gepflegtes Bier trinken" und polnische Kulinarien probieren.

In diesem Sinne: Nastarowje.





Besuch des Nowodworski-Lyzeums


Nowodworski-Lyzeum, gegr. 1588 im Collegium Novum, dem heutigen Hauptgebäude der Universität Krakau.

wir besuchten mit einer kleinen Gruppe von Interessierten das traditionsreiche Lyzeum, das sich seit 104 Jahren am Plac Na Groblach 9 in einem neoklassizistischen Bau befindet.

Wir wurden sehr herzlich in der Aula von Maria Zborczpka begrüßt, einer Deutschlehrerin, die hervorragend Deutsch spricht und schon beim Lehrerbesuch der Partnerschule in Moers, dem Filder Benden - Gymnsasium letzten Jahres dabei war. Maria Zborczpka entschuldigte die Direktorin, Frau Krystina Mnich ( Löwenzahn) für ein paar Minuten und sie erklärte bis zum Eintreffen der Schulleiterin das polnische Schulsystem, das im Moment verändert wird. Zukünftig gibt es

7 Jahre Grundschule
3 Jahre Gymnasium
3 Jahre Lyzeum/entweder fachspez. o. allgemeinbild.
=> 13 Jahre bis zum Abitur.

Das Sprachenangebot umfasst 7 Sprachen neben polnisch. Ein uns fremdes Fach ist Zivile Verteidigung, während der Fächerkanon ansonsten vergleichbar ist.

Notenskala: ausgezeichnet 6, sehr gut 5, gut 4, ausreichend 3, mangelhaft 2, ungenügend 1. Zentralabitur im schriftl. Bereich, mdl. Prüfungen werden vor Ort vorbereitet und fast alle bestehen.

Die Schule hat rund 1200 Schüler und keinen Mangel an Bewerbern; Aufnahmeprüfung und sportl. oder sonst. Erfolge. Es existiert ein Chor. Der Klassenverband bleibt erhalten; pro Klasse 30-35 Schüler. Bei den Sprachen wird in Gruppen bis zu max. 20 unterrichtet. Schule von 7.30 - 18.00 Uhr im Schichtbetrieb. Mensa kostet 7 Sl. 4 Sl. = 1 €. Der Verdienst der Lehrer ist in Gruppierungen eingeteilt 19 h = volle Stundenzahl.

I. Fachspez. Studium
II. Fachspez. und päd. Ausbildung
III.Nach Prüfung und Erfahrung
IV. Kommt praktisch nicht vor

Maria erhält in Gr. II nach 7 Jahren Dienst 1100 Sl.= ca. 280 €. Die Direktorin wird nach Gr. III bezahlt.

Rentenalter 65 Jahre, neu für Männer und Frauen.

Zeitverträge und Bedarf über die Direktorin. Diese wird von einer Kommisssion ausgesucht und für 5 Jahre installiert, Stellvertreter/In von der Schulleitung. Nach unseren Fragen und Antworten erschien die Direktorin und lud uns zum Kaffee in ihr Büro ein.

Es war Pause und wir liefen im Gänsemarsch an einer lebhaften, aber wohlerzogenen Jugend vorbei. Disziplinlosigkeit scheint hier kein Problem zu sein. Schon beim Betreten der Schule erwartete uns ein gepflegtes, sauberes Gebäude. Eine Tafel zeigte uns die vielfältigen Auslandskontakte dieser Schule. Allein nach Deutschland bestehen Kontakte zu Moers, Bad Segeberg, Detmold, Seesen und Frankfurt,M.

Der Austausch von Grüßen im altehrwürdigen Büro der Direktorin erfolgte beim Kaffee. Die Schulleiterin spricht kein Deutsch oder Englisch, und ich vermute, dass dies für die direkten Kontakte ein Hindernis darstellten könnte. Sie unterrichtet in Biologie und Chemie und hat an verschiedenen Unterrichtsbüchern für das Fach Biologie mitgearbeitet.

Nach einem Dankeschön für die herzliche Aufnahme in dieser Schule verabschiedete sich die kleine Gruppe.




Der letzte Tag


Der Tag stand zur freien Verfügung, jedenfalls zeitweise, denn nur diejenigen, die die Schule besuchten, hatten noch eine Pflichtübung.

Der Abschlussabend war geprägt von vielen Eindrücken der einzelnen Leute. Es war sehr laut, weil jeder erzählen wollte, was er den ganzen Tag erlebt

hatte. Unsere Reiseleiterin Anna hat am Abendessen teilgenommen. Ihr wurde ein kleiner Blumenstrauß mit dem gesammelten Geld überreicht.

Außerdem bedankte sich die Gruppe bei Paul und Otto für ihre viele Arbeit, die sie im Vorfeld und auch in Krakau geleistet haben. Ilona überreichte den

bei den einen speziellen Wodka. Der Abend ging zu Ende und Anna hat die Gruppe noch zum Zug begleitet.

Im Zug ging es zügig weiter. Petra und Herbert gaben ihre fällige Runde. Mit dem Messbecher von Tschibo wurde Wodka verteilt bis er alle war. Es war

eine lustige Zugfahrt. Bis die Letzten schliefen war Mitternacht längst vorbei. Durch lautes Klopfen an den Türen wurden wir unsanft durch den polnischen Zoll geweckt. Mit der Ruhe wars vorbei.

Ankunft Berlin 8.07 Uhr, Abfahrt nach Duisburg 9.22 Uhr. In Hannover war der 2. Stromabnehmer defekt und alle mussten die reservierten Plätze

verlassen und in die vorderen Wagen umsteigen. Wir finden alle einen Platz in der 1. Klasse und können bis Duisburg durchfahren.

Eine schöne Woche ging damit zu Ende.