Drucken
Bericht über die Studien- und Multiplikatorenreise nach Israel und Jordanien
vom 04.10.98 - 18.10.98

Sonntag, 4. Oktober 1998

Anreisetag

Der Abflug zur Israel-Jordanienreise erfolgte um 11.45 Uhr von Köln: nach 3 1/2-stündigem, ruhigem Flug landete unsere Gruppe von 23 Personen um 15.15 Uhr auf dem Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv. Bei der langwierigen Passkontrolle war Geduld und nochmals Geduld gefragt, so dass wir nach der Begrüssung von Vertretern der uns betreuenden Organisation Dialog erst um 17.30 Uhr den Bus Richtung Eilat besteigen konnten; die Sonne war bereits untergegangen. Begleitet vom Vollmond ging die Fahrt über Beer Sheva durch die Negev-Wüste, die von unzähligen Canyons und Wadis zerfurcht ist.
Nach einer halbstündigen Trinkpause in einem Rasthaus in der Wüste erreichten wir um 22.15 Uhr unsere erste Unterkunft, die Feldschule in Eilat. Leider gab es - trotz Buchung und Zusage an Dialog - kein Abendessen mehr, so dass ein Teil der Gruppe mit dem Bus in die Innenstadt von Eilat zum Essen fuhr. Die anderen versorgten sich mehr oder weniger mit ihrem eigenen Restproviant. Da nicht genügend Zweibettzimmer vorhanden waren, mussten sich zwei Ehepaare und drei Damen jeweils ein 6-Bettzimmer teilen, was jedoch keine Komplikationen bereitete. Bei hoher Luftfeuchtigkeit und einer Temperatur um 30 Grad konnten wir jedoch mit Klima-Anlage in den Zimmern die erste Nacht in Israel gut schlafen.

Montag, 5. Oktober 1998

Geweckt wurden wir um kurz nach 6 Uhr durch strahlenden Sonnenschein und eine wunderbare Aussicht auf den Golf von Eilat. Alles eilte gutgelaunt zum Früstück und nach einigen technischen Details zum weiteren Ablauf ging es mit dem freundlichen, nur Englisch sprechenden Guide zum Unterwasser-Observatorium. Es war sehr beeindruckend, die Natur 6 m unter Null hinter dickem Panzerglas zu erleben: farbenfrohe Fische, Korallenstöcke, Seeanemonen etc.; jeder konnte sich seinen Teil aussuchen und mit dem Audioguide weitere Details hören. Für einige Mitglieder scheiterte die Submarine - Fahrt nur am ausgebuchten U-Boot.
Unser Guide, agil und sprachgewandt, erzählte uns von den historischen, geographischen und kulturellen Besonderheiten dieser Region - afrikanischer Graben und tektonische Verschiebungen - und so konnten wir dann mit diesem Wissen im Hinterkopf an einem etwas trostlosen Strand im Roten Meer baden. Die Temperatur des Wassers reichte von recht angenehm bis zu warm oder zu kalt (Edith)! Zwischen Bungee-Springern und Disco plantschten wir im Salzwasser. Anschliessend ging es ins feiertäglich stille Downtown-Eilat und bei einem kleinen Lunch wappnete sich jeder bereits psychisch und materiell - reichlich Wasser! - für die bevorstehende Wüstentour.

Und so ging es mit unterschiedlichstem Schuhwerk in den Red Canyon, der sich zur mittelschweren Kletterei entwickelte. Paul hatte alles Wasser im Rücken, Ulrike sprang über ihren Schatten, alle tranken viel und niemand musste mal. In tollen Farben sahen wir Sedimentgestein und Granit, Sandstein mit mineralischen Einschlüssen und standen dann auf hohem Punkt mit wunderbarem Blick in der Abendsonne aufs Rote Meer, Jordanien, Ägypten - gleich hinter dem Stacheldraht und Saudi Arabien in der südlichen Ferne. Im Licht der untergehenden Sonne wurden die jordanischen Berge immer stärker rot leuchtend und in der Gegenrichtung erwuchsen aus der Wüste die ersten blauschwarzen Schatten der Nacht. Toll! Pflanzen gab es nur entlang der Wadis, wahre Uberlebenskünstler und total angepasst an die rauhe Wirklichkeit. Gleiches galt für allerlei fliegendes Getier, das uns auf ausgetretenem Pfad schon zu erwarten schien.

Nach einem reichhaltigen Abendessen ging es noch einmal ins Nachtleben von Eilat und jetzt waren die Strassen und Plätze, Promenaden und Strande voll mit Menschen. Rummel wie überall auf der Welt in Touristenzentren und doch dann etwas vielleicht für Israel Typisches: Auf einer offenen Tanzfläche trafen sich die unterschiedlichsten Menschen und tanzten im Kreis; Minirock und Turnschuhe, Top und T-shirt, alle mit gleichem Tanzschritt.

Der Abend klang aus mit einem letzten Bier in der "Altstadt".

Dienstag, 6. Oktober 1998

Von der "Kö" über den "Königsweg" in eine königliche Stadt oder "Ein königlicher Tag"

Heute war frühes Aufstehen angesagt, denn wir hatten ein umfangreiches Programm zu bewältigen. Nach einem ausgiebigen Frühstück starteten wir in Richtung Jordanien. Wir führen durch Eilat, am Flugplatz vorbei Richtung Aquaba. Paul hatte schon am Tag vorher alle möglichen Listen und Formulare für den Grenzübertritt vorbereitet, damit alles glatt ging. Am "Chck Point Arrava" hiess es aussteigen, Pässe zeigen, Visa ausfüllen, Gepäck aus dem Bus holen und - warten. Unser jordanischer Reiseleiter Zarnir empfing uns in perfektem Deutsch und lotste uns doch noch recht schnell zwischen Jeeps und Lastern durch auf die jordanische Seite. Nach einem Blick zurück auf den Golf von Aquaba, Eilat und das Rote Meer führen wir an einer Eisenbahnlinie entlang, die dem Phosphattransport diente, hinauf auf die Hochebene in die jordanische Wüste. Wir folgten dem Königsweg, einer uralten Handelsstrasse, die vom Süden nach Norden durch Jordanien führt. Vom klimatisierten Bus aus konnten wir geruhsam die grandiose Wüstenlandschaft, die an uns vorbeizog, geniessen. Zarnir, der in Köln studiert hatte und sich bestens in Kölschen Dönekens auskannte, erzählte uns, dass es in Jordanien drei Arten von Wüste gibt: die rötliche Steinwüste, die schwarze Basaltwüste und die Sandwüste. Launige Wortspielereien (von der Düsseldorfer "Kö" sei es nur ein Katzensprung zum "Königsweg"), augenzwinkernde Vergleiche zwischen Düsseldorf und Köln, umgemünzt auf den "verwöhnten Ammaner" und den "gemeinen Jordanier", sinnige Überlegungen zur Verwandlung von Windhosen in Windhöschen und in Windeier sowie Hinweise auf die merkwürdigen "Langohrbergkletterziegen" verkürzten unsere Fahrt durch die strahlend helle grandiose Wüstenlandschaft. Vorbei am Wadi Rum mit seinen eigenartigen Felsformationen erreichten wir unser Hotel "Kings' Way". Abstellen der Koffer, kurze Verschnaufpause und weiter ging es zur Besichtigung Petras, der sagenhaften Handelsstadt der Nabatäer. Ausgerüstet mit Wasserflaschen und Kopfbedeckungen verschiedenster Art gegen die stechende Sonne, marschierten wir los. Bärbel zog einen Ritt auf einem Pferd dem staubigen Fuüweg vor, allerdings war ihr Ritt schon hinter der nächsten Ecke zu Ende.

Allmählich verengte sich das weite Tal, rechts und links rückten die Felsen näher. An markanten Stellen waren die ersten quaderfÍrmigen Bauten (wahrscheinlich Grabstätten) bzw. Tempelfriese in den ockerfarbenen Sandstein gehauen. Ungefähr eine halbe Stunde wanderten wir durch eine enge Schlucht, die Sandsteinwände leuchteten in herrlichen Farben, von Weiss über Beige, Rosa, Orange und Ocker bis Purpur, durchzogen von dunklen, grauschwarzen Schlieren. Stellenweise waren die Wände so eng, dass man den Himmel nicht sehen konnte.ln den Felswänden konnte man Spuren einer alten Wasserleitung erkennen, die die Römer angelegt hatten. Ebenso sahen wir Reste von Figuren und Ornamenten, die aber oft von Wind, Wasser und Sand stark abgeschliffen waren.

An einer besonders engen Stelle der Schlucht hielt uns Zarnir an. Die letzten Schritte sollten wir gesenkten Kopfes gehen und erst hochschauen, wenn er es uns sagte - und wir erblickten vor uns zwischen dunkel ragenden Felswänden in strahlendem Rosa die atemberaubende Fassade des "Schatzhauses". Das gesamte Bauwerk sieht wie ein Tempel aus, mit schlanken, unglaublich hohen Säulen, reich verzierten Friesen und gekrönt von einem zierlichen, runden Tempelchen in der Mitte über dem Eingang in den hohen, dunklen Innenraum. Alles ist aus dem Sandstein herausgearbeitet worden. Der Anblick war einfach atemberaubend schön! Allmählich erweiterte sich der Talkessel und gab den Blick frei auf viele riesige Bauwerke, die alle aus dem Sandstein herausgehauen worden waren, z. B. ein grosses Amphitheater, gewaltige Grabanlagen (die Urnengräber und die Königsgräber) sowie zahlreiche Wohnhöhlen.Diese waren bis vor kurzem noch von Beduinen bewohnt worden. Jetzt wohnen sie in der Nähe in modernen Häusern, die ihnen der Staat zur Verfügung gestellt hat. Unser Rundgang konnte sich nur aufeinige besonders herausragende Bauwerke beschränken. Natürlich mussten wir uns nach so vielen Eindrücken auch stärken - mit einem Lunch unter einem schattenspendenden Dach. Das "schönste Klo der Welt" mit seiner farbenprächtigen Sandsteindecke wurde auch ausgiebig frequentiert. Etwas erschöpft und müde und voll von Eindrücken kamen wir im Hotel an. Mit einem herrlichen Abendessen und gemütlichem Beisammensein klang dieser "königliche Tag" aus.

Mittwoch, 7. Oktober 1998

Jordanien Yallah-Yallah

...ein Wort, das wir den ganzen Tag gehört haben. Was für ein Programm für einen Tag! Ungefähr 400 km sind wir durch das Land in einem gut klimatisierten Bus gefahren. Scheinbar eine kurze Strecke, aber voller Überraschungen! Nach einem reichhaltigen Frühstücksbüffet geht es um 7.30 Uhr in Petra los. Wir werden von Samir Amro, unserem deutschsprachigen Führer, begleitet. Die Königsstrasse entlang führt uns die Fahrt eine Stunde durch eine bizarre Steinwüste. Dann nimmt die Vegatation zu. Sowie eine ausreichende Humusschicht eine Beplanzung ermöglicht, werden Kiefern und Zypressen aufgeforstet. In den Dörfern leben z. T. sesshafte Nomaden; oft stehen Zelte neben den Häusern. Korkeichen, Obst- und Olivenbäume säumen die Straüen. Die Fahrtrichtung ändert sich. Die Vegetation läüt nach und es folgt eine schwarze, flache Steinwüste. Der Boden besteht aus Lava und Granit, reich an Mineralien. Ein Abbau ist nicht möglich, da ein Wasservorkommen dafür notwendig ist.

Um 10.15 Uhr sind wir in Madaba. Ziel ist der Besuch der griechisch-orthodoxen Kirche St. Georg, in der sich ein gut erhaltenes Bodenmosaik befindet. Es handelt sich um eine Art Landkarte Palästinas aus dem ersten Jahrhundert n.Chr. Weiter geht die Fahrt. Wir fahren an der Perepherie der Hauptstadt Amman entlang. Die hellen Sandsteingebäude der modernen Stadt leuchten in der Mittagssonne. Unser Ziel ist der 800 m hohe Berg Nebo. Unser erwarten wundervolle Mosaike in einem Kloster und ein phantastischer Blick in das Jordantal. Yallah....Yallah....Pinkelpause...Es geht weiter!

Nächstes Ziel ist Jerash. Als Kaiser Trojan 106 n. Chr. das gesamte Gebiet Jordaniens besetzte, wurde in dieser Gegend investiert und Jerash und ganz Jordanien erlebten über 200 Jahre einen von Wohlstand gekennzeichneten Zeitraum. Die sehr guten historischen Erklärungen von Samir ermöglichen einen Einblick in die Geschichte der römischen Siedlung. Dann zeigt er uns eine tolle Vorführung: Er legt in den Spalt einer Säule einen Nagel. Hokus-pokus: der Nagel bewegt sich! Er bewegt sich lange. Madelaine kommt aus dem Staunen nicht heraus. 15.19 Uhr - einige sind zu spät - es geht weiter - Yallah, yallah....

Die Busfahrt führt uns am Rande von Amman entlang zum Grenzübergang Allenby-Brücke. Dank der Hilfe von Samir ist die Abfertigung auf jordanischer Seite sehr schnell. Wir verabschieden uns mit vielen guten Wünschen von ihm. Es folgt ein Gefühl der Beklemmung während der Fahrt durch das Niemandsland, das sich noch steigert, da wir aufgrund einer Menschenansammlung nicht sofort die Brücke passieren können. Endlich können wir fahren. Auf israelischer Seite werden wir genauestens überprüft.. Hartmuts und Christas Pässe werden einbehalten. Nach Klärung vieler Irrtümer können wir weiterfahren. Ziel ist das Kibbuz Kalia. Abends sitzen wir noch lange gemütlich im Freien zusammen.Es war ein aufregender und interessanter Tag.

Donnerstag, 8. Oktober 1998

Wieder in Israel, war unsere erste Nacht im Kibbuz Kalia recht kurz. Bereits um 7.45 Uhr war das Frühstück angesetzt, und wir mußten schon um 7.00 Uhr aufstehen. Diese Zeit war für einige Mitglieder der Gruppe eindeutig zu früh, denn es war am Eingang zum Speisesaal eine große Hürde zu nehmen. Die Eingangstür hatte keine Griffe. Verzweifelt wurde nach einem offenen Durchgang gesucht. Diesen mußte es geben, da ja bereits einige von uns im Saal frühstückten. Durch Klopfen sollte Aufmerksamkeit erzeugt werden. Dazu mußte man näher auf die Eingangstür zugehen, die sich dann wie durch Geisterhand öffnete. Noch unter dem Eindruck dieser hochtechnischen Einrichtung tauchte bereits das nächste Problem auf. Kaffee lieferte nur ein Automat. Zur Verwirrung lag neben diesem Gerät noch Kaffeepulver. Mehrere Knöpfe standen zur Auswahl, und die Becher konnten frei plaziert werden. Es ist unglaublich, welche Variationsmöglichkeiten dadurch erreicht werden konnten.

Nicht alle haben an diesem Morgen ihren gewohnten Kaffee trinken können. Beim Frühstück hat uns Danni begrüßt, der für die nächsten Tage unser Reiseführer sein sollte. Wir führen mit dem Bus zum Wadi Kelt, eine 35 km lange Schlucht , die als Verbindungsweg zwischen Jericho und Jerusalem genutzt wurde. Ein phantastischer Blick auf eine sprudelnde Quelle in der Wüste und auf das Kloster St. George ließ uns die morgendlichen Probleme mit der Technik vergessen. Bei schon recht hohen Temperaturen sind wir in das Tal zum Kloster hinuntergelaufen. Wir hatten dem Wetter entsprechend passende Kleidung gewählt, doch entsprach diese absolut nicht der Kleiderordnung des Klosters, welches man nur in langen Hosen und Kleidern betreten durfte. Mutig und ohne Rücksicht auf die äußere Erscheinung wurden die bereitgestellten Kleider im Vorraum des Klosters genutzt, mit denen sich bereits Heerscharen von Touristen verhüllt hatten. So be(ver)kleidet, konnten wir das Innere des Klosters betreten, wo im Innenraum traditionell dem durstigen "Wanderer" Kaffee und Saft von den orthodoxen Mönchen angeboten wurde. Höhlen im Felsen dienten Einsiedlern schon im 3. Jh. als Unterkunft und das erste Kloster wurde im 5. Jh. gebaut. Das heutige Klostergebäude stammt allerdings aus dem letzten Jahrhundert.

Zurück zum Bus mußte ein schweißtreibender Aufstieg bewältigt werden. Dort teilte uns Danni mit, daß die Unterkunft für die kommenden Nächte im Kibbuz Almog noch nicht gesichert sei. Seine Zuversicht war aber ungebrochen, daß wir nicht im Bus übernachten mußten. Während unserer Fahrt nach Qumram, dem Handy sei Dank, wurde unser Aufenthalt in Almog bestätigt. Bei Temperaturen von 35 °C besichtigten wir Qumram, die religiöse Stätte der Essener Sekte. Diese strenggläubige Männersekte lebte seit dem 2. Jh. v. Chr. bis zur Eroberung durch die Römer 68 n. Chr. in den umliegenden Höhlen und ist durch den Fund der Schriftrollen im Jahr 1947 berühmt geworden. In Tongefäßen wurden die wahrscheinlich ältesten existierenden Bibeltexte gefunden. Nach der Besichtigung der Ausgrabungsstätte wollten wdr alle etwas Essen und Trinken. Der Weg zum Restaurant führte jedoch durch einen Laden, in dem Hunger- und Durstgefühle durch erste Souveniereinkäufe verdrängt wurden.

Um 13.15 Uhr haben wir uns nach Jericho aufgemacht. Die autonome Verwaltung der Palästinenser hat dort ihren Sitz. Im Regierungsgebäude wurden wir in einen Saal geführt und haben dort mit Dr. Salim Mussalam, einem Vertreter der palästinensischen Regierung, diskutiert. Er hat uns die Probleme seiner Regierung mit den Israelis deutlich aufgezeigt, z. B. die willkürliche Schließung der Grenzen, dem Verbot des freien Zuganges der Palästinenser zwischen Gaza und den West Banks, die fehlende Betriebsgenehmigung des bereits fertiggestellten Flughafens, die Erlaubnis zum Bau eines eigenen Hafens. Auch innerhalb der autonomen Gebiete sind noch große Hürden zu überwinden, da es noch keine Verfassung und einheitliche Gesetzgebung gibt. Wir waren sehr beeindruckt von der sachlichen Darstellung der Probleme. Um 15:30 Uhr sind wir weggefahren, haben aber noch an einem Laden gehalten und reichlich frisches und herrlich schmeckendes Obst eingekauft. Um 16:15 kamen wir im Kibbuz Almog an. Im Schwimmbad haben wir uns von den Anstrengungen des Tages erholt. Nach dem Abendessen sind wir schon früh schlafen gegangen, da wir am nächsten Morgen bereits um 3:30 Uhr aufstehen mußten, um den Sonnenaufgang in Massada zu sehen.

Freitag, 9. Oktober 1998

Die Felsenfeste MASSADA - Refugium der Zeloten

Mit der Frage von Otto "Alles fit?", ging es um 04.50 Uhr vom Kibbuz Almog los. Im Halbdunkeln begann dann der Aufstieg über den Schlangenpfad. Gruppen- und paarweise erklomm man in unterschiedlichen Tempi die zelotische Feste. Endlich war es soweit! Exakt um 05.45.40 Uhr ging die Sonne über den jordanischen Bergen auf. Es war ein faszinierendes Erlebnis! Mittlerweile waren auch die letzten Bergziegen eingetroffen, so dass die Lunchpakete ausgepackt werden konnten und wir ein echt zelotisches Frühstück zelebrierten. Im Anschluss daran unternahmen wir eine ca. l 1/2 stündige Besichtigungstour, die vom Schlangenpfad-Tor über die Wohnhöhlen, Mikveh und Bäckerei, dann die Zisternen und das Schwimmbad, die Behausungen der Zeloten, den Westpalast mit Ausblick auf die römische Rampe, der Synagoge und schließlich zur Bergstation der Seilbahn führte. Massada endete für uns, indem wir hier den mechanischen, zeit- und kräftesparenden Abstieg wählten. Im Verlauf unserer Tour informierte DANY uns ausführlich über Massadas Geschichte, die hier aber nur in groben Zügen wiedergegeben werden soll.

Massada wurde bekannt durch den Aufstand der Zeloten, einer Gruppe jüdischer Widerständler mit großem Drang zur Freiheit, gegenüber den romischen Belagerern im Jahre 66 n. Chr. Nach heftigen Angriffen und dem Bau der berühmten römischen Rampe gelang es den Römern anhand verschiedener Strategien wie den Einsatz von Rammböcken, Inbrandsetzung der Mauern und der Verwendung eines Holzturmes als Geschützstand Massada zu erobern. Der Anführer der Zeloten ELEAZAR, der von Judas abstammen soll, versammelte alle seine Leute, um sie vom gemeinsamen Selbstmord zu überzeugen, denn man wollte auf keinen Fall in die romische Sklaverei. Insgesamt nahmen sich 960 Menschen das Leben bis auf 2 Frauen, die später die tragische Geschichte erzählten. Neuere Forschungsergebnisse gehen allerdings davon aus, dass Massada und seine Bewohner wahrscheinlich Kriminelle und somit Ausgestoßene waren, was in der Neuzeit zur Folge hatte, dass der Staat Israel seine Rekruten in jüngster Zeit nicht mehr auf Massada vereidigt.

Die Oase Ein Gedi

Nach dem ersten schweißtreibenden Teil dieses Tages ging es nun - schon bei brüllender Hitzezur Oase Ein Gedi. Hier unternahmen wir eine Wanderung im Naturpark Nachal David mit Bademöglichkeit. Davon machten aber nur einige Gebrauch, wie z.B. MECKI, OTTO, GERDA und ZILLI, wobei Letzterer die Gruppe mit einem besonderen Schauspiel erfreute. Die einen erfrischt, die anderen noch immer verschwitzt, trotteten wir in Richtung Gaststätte, um Flüssigkeit zu tanken.

Das Bad im Toten Meer

Das nächste Highlight war für uns das Relax-Baden im Salzwasser. Dabei trat das Wasserballett unserer Gruppe, verstärkt durch einige Herren, auf. Auch Kameramann HORST war zur Stelle, um dieses salzige Spektakel festzuhalten. Eine wichtige Erfahrung nahmen die Badenden mit nach Hause: Rückenschwimmen bedingt möglich Brustschwimmen ganz unmöglich 4. DerKibbuz Almog Als Abschluss dieses Tages hatten wir ein informatives Gespräch mit einem Kibbuznik über Almog, was soviel wie "Koralle" heißt. Wir erfahren etwas über das moderne Kibbuz-Leben in all seinen Variationen, angefangen von der Vermarktung seiner Produkte, der wechselnden Führung ( alle 4 Jahre eine neue gewählte Leitung ), der Verdienstmöglichkeiten ( 4000 bis 5000 Schekel ) und den zwischenmenschlichen Beziehungen. Den Abend beendeten wir- wie fast immer- mit dem Ausprobieren ortsüblicher und gruppenspezifischer Getränke im Rahmen gruppendynamischer Prozesse.

Samstag, 10. Oktober 1998

Als erstes erklärte uns morgens öany, unser netter Reiseleiter, das Tagesprogramm. Außerdem erfuhren wir, dass der heutige Tag der Anfang vom Ende des Laubhüttenfestes war! Wir verließen die Wüste in mehreren Etappen und fuhren den Jordan hoch. Eine sehr fruchtbare Landschaft tat sich auf mit Dattelpalmen, Gemüse und Obstplantagen (Weintrauben, Bananen usw.) sowie Bougainville und Oleander. Wir sahen etliche Schafherden und Kamele mit Hirten. Viele Kibbutzim waren immer noch streng bewacht im besetzten Land. Dann kamen wir ins israelische Kern land. Sofort ergrünte die Landschaft mit älterem Baumbestand und glänzte mit schönen Häusern. Wir fuhren weiter durch eine sehr fruchtbare Landschaft - nach der Wüste kam es uns vor wie der Garten Eden !! Sehr eindrucksvoll war die Besichtigung der Ausgrabungen der Synagoge von Bet-Alpha mit ihren wunderschönen Mosaiken aus dem 6. Jahrhundert. Fast 1.400 Jahre waren sie unter dem Schutt versteckt; erst die israelischen Siedler, die an die Städte ihrer Väter zurückkehrten, entdeckten sie wieder und restaurierten sie liebevoll. Wir sahen eine sehr eindrucksvolle Video- und Dia-Show mit ausführlichen Erkärungen zu den Mosaiken. Anschließend ging es dann bei großer Hitze nach Bet-Schaan, einer großen römischen Ausgrabungsstätte, die im Gefolge eines Erdbebens im 8. Jahrhundert aufgegeben worden war. Daneben befindet sich ein hoher Teil, der Siedlungsschichten bis ins 6. Jahrtausend vor Christi Geburt enthält und an dem die Grabungen erst begonnen haben. Schwitzend, aber begeistert und gut gelaunt, durchschritten wir die Ruinen mit mächtigen Straßen und konnten mit wenigen Schritten von der römischen Periode (l. und 2. Jahrhundert) in die byzantinische Periode schreiten (6. u. 7. Jahrhundert)! Inzwischen fielen immer mehr Gruppenmitglieder der nahöstlichen Variante von Montezumas Rache zum Opfer !! Leider wurden trockenes Brot, Tee und Coca-Cola immer gefragter !!!ienstag,

Auf unserer weiteren Fahrt in den Norden Israels begrünten sich die Berge rechts und links der Straße sowie die Ufer des Jordans. War schon unser erster Kontakt mit dem Fluss an der Altenby-Brücke sehr desiltusionierend, so erschien uns auch hier der vielbeschworene und besungene Fluss nur als ein schmales Rinnsal von der Breite unserer Niers. Zuletzt hatte es in Israel 7 trockene Jahre gegeben und wir befanden uns am Ende eines heißen Sommers, so dass die Wasserspiegel vom See Genezareth, Jordan und Totem Meer stark erniedrigt waren. Das Land hofft nun auf einen regenreichen Winter, der die Reservoire wieder auffüllt! Israel zeigt auf Schritt und Tritt sein geschichtsträchtiges Gesicht, sei es nun durch die alttestamentarischen Völker, die Juden, Römer und Byzantiner oder die Kreuzritter, Mamelucken, Ottomanen oder die Briten der Mandatsverwaltung. Sie alle haben ihre Spuren hinterlassen! So konnten wir an strategisch günstiger Stelle über dem Jordantal die Reste einer ausgedehnten Kreuzritterburg - Belvoir - besichtigen, die sich als letzte Festung dem Saladin ergeben musste. Es fanden sich mächtige Mauern- und Turmreste! Herrliche Ausblicke ins Jordantal und zum Kinneret sowie hinüber zum Golan waren unsere Entschädigung für die hohen Temperaturen und die sengende Sonne!! Anschließend fuhren wir nach Tiberias am südwestlichen Ufer des Sees. üppige Flora mit exotischen Pflanzen, viele Hotels und lärmende Uferpromenaden empfingen uns. Von unserem Hotel aus hatten wir einen wunderschönen, umfangreichen Blick über den See; also quartierten wir uns voller Freude für die nächsten drei Tage ein. Ein Bad im See war allerdings nur wenig erquickend; das Wasser war sehr warm und der Zugang aufgrund des niedrigen Wasserspiegels sehr steinig! Wir verbrachten die Abende mit Bummeln in Tiberias. Anschließend saßen wir bis in die Nacht hinein auf der Hotel-Terrasse zusammen, lachten viel und genossen die gemeinsamen Abende und Gespräche sehr! Wir erfreuten uns an dem nächtlichen See mit all seinen Lichtern.

Sonntag, 11. Oktober 1998

Pünktlich um 8 Uhr begann die Exkursion auf die Golanhöhen und zu den Quellflüssen des Jordans. Von Tiberias ging die Fahrt in südlicher Richtung am Ufer des See Genezareth entlang vorbei an einem Salzwasser Aquädukt, daß das Salzwasser in den Jordan umleitet. Am ersten Kibbutz der Welt Kafr Kama vorbei überquerten wir bei den natürlichen Taufbecken der Juden den Jordan. Dem Yarmouk, Fluß entlang, der die Grenzlinie der Gebirgsformation ist, ging es in Richtung Dreiländereck ( Syrien, Jordanien, Israel ) und den heißen Quellen von El Hammat. Nachdem Israel die heißen Quellen 1948 eroberte, wurden sie 1953 fallengelassen und 1967 erneut erobert. Kurz vor Hammat bogen wir nach Norden auf die Golan Höhen ab. Um 9.25 Uhr erreichten wir den Kibbutz Mevo Hamma, wo wir vom Kibbutzmitglied Zvi empfangen wurden. Zunächst erörterte Zvi den Werdegang von Mevo Hamma. Nach der Grenzfestlegung mit UNO Puffer 1967 wurde der Kibbutz gegründet. Die wirtschaftliche Basis ist die Landwirtschaft. Der Kibbutz hat eine Anbaufläche von 500 Hektar. Davon werden auf 100 ha Tomaten angebaut, auf der restlichen Fläche wird Getreide und Gemüse in großen Einheiten gepflanzt. Weitere wirtschaftliche Schwerpunkte sind eine Plastikfabrik mit 5 Millionen NIS Jahresumsatz und eine elektronische Meßgeräte Fertigung. Der Kibbutz hat 190 Mitglieder, außer anderen Mitarbeitern leben noch 200 Kinder hier. Um das Wasser nicht aus dem See Genezareth hoch pumpen zu müssen, dessen Wasserspiegel die kritische Grenze von 5 Meter unter dem normalen Pegel erreicht hat, erfolgt die Bewässerung zunehmend über ein Zisternen System. Für die Zukunft sieht Zvi erhebliche Wasserverteilungsprobleme, da sich die 5 Millionen Juden und 3 Millionen Araber in 20 Jahren auf 20 Millionen mehr als verdoppeln werden. Zum Hauptthema "Die Möglichkeit eines Rückzugs von den Golanhöhen im Falle eines Friedensabkommens mit Syrien" , sagte Zvi folgendes: Auf dem Golan gibt es 16 Kibbutze und es leben rund 15 Tausend Israelis hier, davon wollen rund 20 auch bei einem Friedensvertrag mit Syrien bleiben und kämpfen. Da das Mißtrauen der Israelis sehr groß ist, muß der Friedensvertrag aber das sehr hohe Sicherheitsbedürfnis der Israelis befriedigen. Der Umzug nach Israel ist vor allem für die Kibbutzmitglieder ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Neuanfang. Weiter ging die Fahrt an Gamia, dem Massada von Gallilea, vorbei zur Weinkellerei Golan Heights Winery. Auf dem Weg zu den Quellen des Jordans sahen wir von Ferne die alte und neue Stadt Quneitra und führen am höchst gelegenem Kibbutz El Rom vorbei zum Südhang des Hermons, wo 15 Tausend Drusen leben. Hier gab es ein sehr süßes Mittagessen mit Kaffee und Kuchen. Am Tel Dan angekommen machten wir eine Wanderung durch den Naturschutzpark des Quellgebietes. Im zehnten Jahrhundert v. Chr. lebten hier die israelischen Nordstämme. Um diese aus Jerusalem fernzuhalten, stiftete Jerobeam, König der Südstämme Dan ein goldenes Kalb als Ersatzgott. Weiter ging es zur nördlichsten Stadt Israels Metulla, wo libanesische Gastarbeiter einreisen können. über Kiryat Shmona führen wir durch die trockengelegten Sümpfe des Hula Tales zurück zum See Genezareth. Ankunft in Tiberias 16.30 Uhr.

Montag, 12.10.1998

Der Tag fing so schön an wie gewohnt mit blauem Himmel und Sonnenschein über dem See Genezareth und "early morning tea" auf unserer wunderschönen Terrasse im schottischen Hospiz "Sea of Galilee in Tiberias". Wir warfen uns in die heilige Pilgerkleidung - knie- und schulterbedeckt -, Hartmut mit der bewährten Reißverschluß-Verlängerungshose, und besuchten die heiligen Stätten des Christentum am See Genezareth. Die erste leichte Enttäuschung an diesem Tag war, daß unser Guide Dany uns verließ und von einem etwas pausbäckigen jungen Mann mit Namen Michael ersetzt wurde. Dany war ein netter Reisebegleiter gewesen: wir bedauerten seinen Weggang. Zuerst führ uns der Bus zum Berg der Seligpreisungen, der traditionellen Stätte der Bergpredigt Jesu (Matth. 5 - 7). In einer wunderschönen schattigen, ruhigen Gartenanlage haben die Italiener 1937 hier eine Kapelle gebaut, die heute den Franziskanem gehört. Von dem Säulenumgang des Achteckbaus bietet sich ein prächtiger Ausblick auf den See Genezareth. Die acht Seiten der Kirche sind je einer der Seligpreisungen gewidmet. Die Kuppet symbolisiert die neunte Seligpreisung. Nach dieser Besichtigung wanderten wir den Berg hinunter zur Brotvermehrungskirche in Tabgha, "Ort der sieben Quellen" (hebräisch En Sheva). Die Kirche und das Gelände ringsherum sind im Besitz des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande. Die erste Kirche an diesem Ort der Ruhe stammt aus dem 4. Jahrhundert. Reste der Fundamente kann man noch unter der Glasscheibe neben dem Altar erkennen. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurde die Kirche mit Mosaiken geschmückt, die zu den schönsten im Lande gehören und ägyptischen Einfluß zeigen. Der Stein, auf dem der Herr die 5 Brote, mit denen er das Volk sättigte, gelegt haben soll, wird nun als Altar benutzt.

Unsere letzte Besichtigung an diesem Tag galt der Stadt Kapemaum (Kefar Nahm) am Nordufer des Sees, die eng mit dem Wirken von Jesus verbunden ist, der, nachdem er seine Heimatstadt Nazareth verlassen hatte, meist in diesem Fischerort und seiner Umgebung lehrte. Seit 1894 gibt es hier ein Franziskanerkloster, dessen Mönche zusammen mit mehreren Archäologen die alte Stadt erforschten und zur Wiedererrichtung zweier bedeutender Gebäude des Hauses des Petrus und der Synagoge beigetragen haben. Das Petrus-Oktogon steht oberhalb von kleinen, engen Fischer-Wohnhäusern, die ins 1. Jahrhundert v. Chr. datiert werden. Links des Eingangs liegt die zum Teil wiedererrichtete Synagoge. Man geht über Bodenmosaike, an Säulen und Reliefen vorbei in eine offene Vorhalle. An der linken Wand sind Sitzstufen zu erkennen. Vermutlich hatte die Synagoge auch eine Frauenempore.

Viele Leute wandelten an diesem heißen Tag auf den Spuren Jesu, es war voll! Wir freuten uns auf die Mittagspause in einem schönen Restaurant am See. Leider stellte sich sehr bald heraus, daß die schöne Lage das beste an dieser Lokalität war. Wir erlangten lautstark das "obligatorische Beschwerdebuch"! Für einen Salat nahmen sie uns 32 Shekel ab. Nach Protesten von Otto und Paul waren wenigsten die Getränke frei. Glücklicherweise gab es einen Kellner, der besser kassieren als rechnen konnte, er gab Ute und mir 10 Shekel zuviel zurück. Pech für ihn, wir nahmen dankend an! Diese Stelle der wunderbaren "Shekel-Vermehrung" wird von keinem von uns mehr aufgesucht werden! Der Nachmittag stand zur freien Verfügung. Einige relaxten oder schwammen im See, andere unternahmen eine Bootsfahrt.

Zum Abendessen um 18.15 h trafen wir uns wieder, danach wollten wir uns gemeinsam die Feierlichkeiten des Simchat-Thorafestes (Ende des Laubhüttenfestes) anschauen. Leider fand unser wortgewaltiger Guide Michael weder den Ort des Festes noch hatte er sich über den Zeitpunkt informiert, an dem alles anfangen sollte. Aber wir hatten ja wieder einmal unsere beiden eigenen Guides! Paul und Otto griffen ein, und wir bekamen doch noch einen schönen Eindruck vom fröhlichen Tanzen und Treiben um die Thorarollen herum auf dem Marktplatz. Einige gingen noch in die Diamantenschleiferei, und ein großer Kreis beschloß den anfangs etwas mißglückten Abend beim Bierchen am Seeufer. Heute war leider der Tag an dem das "Beschwerdebuch" häufig gebraucht wurde!

Dienstag, 13. Oktober 1998

Fahrt über Zefad - Akko - Haifa- nach Nachsholim
The day after - Hi noon!

Wir fahren nach Safed - Zefad, der Stadt der Kabbalisten. Die Kabbalah wurde durch die aus Spanien vertriebenen Juden in der gesamten Diaspora verbreitt. Zentrum der Kabbalah wurde Zefad. Hauptthemen dieser jüdischen Mystik sind das Sein vor der Schöpfung, der tiefere Schriftsinn der Thora, der sich aus den Zahlenwerten der hebräischen Buchstaben erschließen laßt, sowie der biblischen Personen und der ganzen jüdischen Geschichte; alsdann eine ausgedehnte Engel- und Dämonenlehre. Als erstes machte uns Michael auf die "Davidka'' aufmerksam, einer Kanone aus dem jüdischen Unabhängigkeitskrieg, die zwar laut knallte, aber - wie wir ja sicherlich alle wissen - ansonsten keine größeren Schäden anrichten konnte. Danach besuchten wir die, wie wir uns ja sicher noch erinnern, Ari-Synagoge der Ashkenasim, in der, und das konnte man beobachten, mittelalterliche Säulen das Gewölbe der Synagoge tragen. Auf dem Weg zurück zum Bus lag die Blaue Synagoge, welche zwar einerseits, wie der Name schon sagt, eine Synagoge ist, aber, und das kann nur der nachvollziehen, der in die Synagoge eintritt, eine andere Atmosphäre beim Besucher hervorruft, wie, daß sei noch erwähnt, das doch eher schlichte Bethaus der Askenasirn dieses tut. Weiter geht's nach Akko, der alten Kreuzfahrerstadt. Zuerst die "Pascha Ahmed-al-JezzarMoschee" - leider noch zu. Dann also auf die Stadtmauer. Die heutige Altstadt von Akko geht bis aufwenige Ausnahmen auf Seine Unaussprechlichkeit "Pascha Ahmed al Jezzar", den man, wie der Name schon sagt, den Schlächter nannte, zurück, so auch die einst mächtige Stadtmauer. Diese Stadtmauer von Seiner Schlächtigkeit "Pascha Ahmed al Jezzar" hat sogar Napoleons Angriffen widerstanden (kein Wunder wenn Napoleon beim Hamsirn [heißer Wüstenwind] angegriffen hat). Die Gruppe braucht Schatten! Also zurück zur - nicht möglich "Pascha Ahmed-al-JezzarMoschee". Diese Mosche ließ seine Allgegenwärtigkeit "Pascha Ahmed al Jezzar" an der Stelle der Kreuzfahrerkathedrale zum hl. Kreuz errichten. Nun aber in die alte Kreuzfahrerstadt, das einstige Hauptquartier und Verwaltungszentrum des Johanniterordens. Durch einen unterirdischen Gang gelangt man in die Altstadt von Aicko in der Nähe des Hafens. Dort steht auch der Khan el-Umdan - die Säulenkarawanserei, die- kaum zu glauben -äPascha Ahmed al Jezzar" über einem mittelalterlichen Dominikanerkloster errichten ließ. Mittagszeit - Zeit fiir einen Kaffee. Ein Teil der Gruppe traf sich bei Kurdi und Berit Hamudi. Dort konnte man in Gewürzdüften schwelgen, mit Kadarnom gewürzten Mokka trinken und sich interessante Rezepte geben lassen. Blick auf die Uhr - leider schon sehr spät. Wir machen uns auf den Weg nach Haifa, die Stadt der Jekkes (Juden aus Deutschland). Im Mittelpunkt Haifas steht der Bahai-Schrein, ein Mausoleum für Baha-Ulla, dem Begründer der Bahai-Religion. Nachdem wir das neben dem Leuchtturm Stella Maris gelegene Karmeliterkloster, das dem Propheten Elias geweiht ist, der in der Grotte unter dem Chor gelebt haben soll, besichtigt hatten, sollten wir den "schönsten Strand Israels" aufsuchen, den Strand vom Kibbuz Nachsholim. Doch der Carmel brannte, so daß wir nur auf Umwegen unser Quartier erreichten. Endlich Zeit für sich! Weit gefehlt - nach einer kurzen Erfrischung im Meer erläuterte Hanna Tidhar die Arbeit von DIALOG, der Bildungsstätte für interkulturelle Begegnungen. Kurzes Auftanken beim Abendessen. Anschließend eine Diskussion (man gönnt sich ja sonst nichts) mit Shuki, einem Juden und Soher, einem Araber - beide israelische Staatsbürger. Nachdem beide ihren Lebenslauf dargestellt hatten, kam man auf die Frage nach der Identität zu sprechen. Für Shuki ist Israel einjüdischer Staat! Wenn das so sei, dann ist nach Ansicht von Soher kein Platz für Araber in Israel. Er differenzierte daher zwischen Nationalität, die eine israelische ist, und Identität, die eine arabisch-palästinensische ist. Da beide, Juden und Araber, in einem Staat leben, darfes keine zwei Wertigkeiten von Recht geben. So plädierte Soher dafür, daß auch Araber einen Wehrdienst zu leisten hätten. Im Gegensatz zu Soher blickt Shuki skeptisch in die Zukunft. Zwar hofft er aufein vertrauliches Miteinander, er beurteilt aufgrund der jetzigen israelischen Regierung sehr pessimistisch. Soher hat Hoffnung aufeinen gemeinsamenjüdisch-arabischen Staat Israel. Seine Hoffnung nährt sich aus der ökonomischen Situation der beiden Gruppen.

Hier nun ein Rezept von Kurdi Hamudi aus Akko:

Glühwein:
Gewürzmischung Hamudi (l große Hand voll Zimtschoten, einige Sternanis, Nelken, dies & das) + Orangenschale in 10 l Wein bei milder Hitze 2 Stunden ziehen lassen. Gewürze entfernen 250 gr Rosinen und 250 gr gehackte Mandeln zugeben und 1/2 Std. bei milder Hitze ziehen lassen. l Glas Barcadi oder Raki oder Wodka oder alles zugeben und schmecken lassen.
Lechaim - Zum Wohl

Mittwoch, 14.10.1998

Das Programm des heutigen Tages sah folgendermaßen aus:
Fahrt nach Tel-Aviv zum Museum Beth Hatefutsoth, Besuch in Alt Jaffo, Empfang in der Partnerstadt Ramia und Weiterfahrt nach Jerusalem, der letzten Station unserer Reise. Der Waldbrand auf dem Berg Carmel, der uns am Vorabend zu einem Umweg über die Küstenstraße gezwungen hatte, wurde uns auch am Morgen wieder ins Bewußtsein zurückgerufen. Ein Fernsehteam befand sich im Kibbutz Nachsholim, um über die Lage der Evakuierten, die dort Unterkunft gefunden hatten, zu berichten. Nach ungefähr 1.5 Std. Fahrt durch Dünenlandschaft, vorbei an Plantagen und Gewächshäusern, kamen wir am ersten Ziel des Tages, dem Museum der jüdischen Diaspora "Beth Hatefutsoth" an.

In einer sehr interessanten, lebendigen Führung erfuhren wir einiges über die Bedeutung des Museums. Merkmale jüdischen Lebens in unterschiedlichen Orten und Zeiten sind in sechs Abteilungen ausgestellt: die Familie- die Gemeinde- der Glaube- die Kultur- unter den VolkereRückkehr nach Zion. Eines der Hauptziele des Museums ist die Erziehung und Schulung von Jugendlichen, Erwachsenen und Neueinwaderern, die bisher wenig Kontakt zum Judentum hatten, die z. B. in der Diaspora lebten. Die Diaspora, die Zerstreuung der Juden in alle Welt, begann mit der Zerstörung des 2. Tempels im l. Jahrhundert nach Christus. Seit 1948 ist die Menora das Symbol für den neuen Staat Israel. In lebensnah nachgestellten Szenen erfuhren wir etwas über das tägliche Leben der Juden in unterschiedlichen Ländern, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede. So verbindet alle Juden, gleich welcher Kultur und Nation sie angehören, der Kontakt zum Land der Väter, die 10 Gebote von Moses und der Auszug aus -gypten, an den beim Pessah-Fest erinnert wird. Ebenso gibt es bestimmte Gegenstände in jeder religiösen Familie: die Mesusa, die Becher für den Wein, die östliche Vand, die nach Jerusalem weist. Die Synagoge ist in allen Gemeinden das Zentrum des religiösen Lebens. Hier findet die Erziehung statt. Jede Gemeinde akzeptiert andere Kulturen, sofern diese nicht gegen die jüdische Religion verstoßen. Obwohl das äußere der Synagogen von den unterschiedlichen, landesüblichen Baustilen geprägt ist, weisen sie einige Gemeinsamkeiten auf, z.B.: den nach Jerusalem gerichteten Thoraschrank, die einfache Einrichtung und das Fehlen jeglicher Bilder. Nach zwei interessanten Stunden im Museum fuhren wir weiter nach Alt Jaffo. Dort schlenderten wir durch die restaurierten alten Gassen, besuchten Kunstgalerien und stärkten uns für den nächsten Programmpunkt, den Besuch der Partnerschaftsstadt Ramia. Vor dem Rathaus warteten schon die Freunde aus Ramia, die uns stürmisch begrüßten. Nach dem Empfang im Rathaus, einer Ansprache des Bürgermeisters über die Situation der Stadt und dem Austausch der Gastgeschenke verabschiedeten wir uns herzlich. Ein Teil der Gruppe besuchte noch den St. Helena Brunnen, eine Zisterne aus dem 8. Jahrhundert, die jetzt als Touristenattraktion mit Bötchen zu befahren ist, und den "Weißen Turm", der im 12. Jahrhundert zur Verteidigung von Ramia gebaut wurde. Gegen 19.00 Uhr kamen wir im Hotel Kikar Zion in Jerusalem an.

Donnerstag, 15. Oktober 98

Jerusalem und Yad - Vaschem

7.00 Uhr: Frühstück im Hotel Kikar Zion
7.55 Uhr : Beginn des Jerusalem - Marathons, in wie üblich heiliger Kleidung zum Damaskus - Tor, Guide: mit 73 Jahren der Methusalem unter den Jerusalem-Führern, ohne Handy, aber mit Bergziegenausbildung
8.10 Uhr: Damaskus - Tor, dann Blick auf die Klagemauer ( Kotel ) = Westmauer des von Römern 70 n. Christus zerstörten zweiten Tempels
8.30 Uhr : Einreibung in die Warteschlange zum Check vor Eingang in Tunnel westlich der Klagemauer in Höhe des Wilson Arch (1865 entdeckt, unterhalb der mittelalterlichen Komplexe liegt der original Herodianische Bogen, der die Brücke stützte, die Jerusalems Oberstadt zur Zeit des zweiten Tempels mit dem Tempelhüget verband), Kommentar der Meckerziegen: Check wäre schneller gegangen, wenn Bärbel nicht ihren aufblasbaren Laptop vergessen hätte, wie immer; im Tunnel: laut Guide und Mischna ungewöhnlich großer, behauener Stein von ca. 14 Metern Länge und 575 Tonnen schwer, gegenüber des ehemaligen Allerheiligsten, in dem die verschollene Bundeslade stand, neben diesem Stein zugemauertes Tor.
9.20 Uhr: nach dem Tunnelausgang glückliche Landung auf der Via dolorosa (von den Kreuzrittern festgelegter Weg, nicht der historische), kurze Erholung im Kloster der Zions-Schwestern und deren Kirche (erbaut 1929), hier angeblich 2. Station des Kreuzweges mit insgesamt 14 Stationen, bei dieser Information verschämtes Stöhnen unserer Gruppe in Hinblick auf die weiteren 12, im Bereich des Klosters: Reste der antiken römischen Pflasterung (des Lithostratos),einige Platten enthalten eingeritzte Zeichen, die das Würfelspiel darstellen. Tatsächlich wurden auch Würfel gefunden,spielten hier die römischen Soldaten um die Kleider Christi?
9.45 Uhr : Kaffee-Pause bis 10.00 Uhr
10.00 Uhr: Marsch zum Dach der Grabeskirche vorbei an modernen Grafftis
10.20 Uhr: Dach der Grabeskirche und Sitz der Äthiopier, die sich auf Sheba und Salomon als Nachkommen zurückführen (ca. 3000 Jahre her)
10.30 Uhr: Betreten der Grabeskirche (Errichtung 326 n. Chr. von Kaiser Konstantin auf Golgatha), heutige Form durch Kreuzfahrer 1149 n. Chr.: mehrere Stockwerke, insgesamt 30 Kapellen mit 6 Christlichen Konfessionen ( Katholiken, Griechisch-Orthodoxe, Armenier, Syrier, Jakobiner, Äthiopier, Kopten), das hatte zur Folge: STREIT über die eingesammelten Kollekten, deshalb Übergabe der Schlüsselgewalt über die Kirche durch Sultan Saladin an eine mostemische Familie, deren Nachkommen sie heute noch ausüben
11.00 Uhr: Erreichen der Erlöser-Kirche im christlichen Viertel, Zentrum der Protestanten, erbaut 1898 als Stiftung von Kaiser Wilhelm dem II., Pause ihr gegenüber bis 11.30 Uhr
11.40 Uhr: Erreichen des jüdischen Viertels nach Marathon durch das arabische Viertel, Bewunderung des Cardo: Weg von Osten nach Westen in Hagia (heilig) Jerusalem, heute wie früher Ladenstraße (römisch-byzantinisch)
12.00 Uhr: Synagogenbogen der "Hurvah" - Synagoge
12.10 Uhr: Mittagspause oberhalb der Klagemauer in der Misgav Ladach Road mit Blick auf den Ölberg und Garten von Gethsemane
13.00 Uhr: Felsendom und El Akscha-Moschee, allerdings von außen, Folge: zum Teil äußerster Unmutwegen dieser Planung, von dort Marsch zum Jaffa-Tor
13.45 Uhr: Jaffa-Tor, aber kein Bus, Kommentar von Hartmut: In Jerusalem muß man erst einen 3-Tore-Lauf absolvieren, ehe man den Bus besteigen darf. Kurz: leider das falsche Tor erwischt, Folge: Otto mit schwerem Gepäck auf der Suche nach dem Bus, - so ist das, wenn man als Aba Verantwortung trägt. Na, wir hatten ja zum Glück zwei Abas (s. Paul), es war schon immer so und auch nötig in Jerusalem
14.00 Uhr: Endstrecke im Schweinsgallop durch das Armenische Viertel zum Zions-Tor
14.10 Uhr: Busbesteigung und Fahrt nach Yad Vaschem, dort Pause
14.30 Uhr bis 15.00 Uhr, Besichtigung der nationalen israelischen Gedenkstätte, die symbolisch und dokumentarisch in sehr eindringlicher Form an die Ermordung der sechs Millionen europäischer Juden während des Holocausts durch die Nationalsozialisten erinnert. Sehr ergreifend: die Gedenkstätte für die 1,5 Millionen getöteter jüdischer Kinder, deren Leben durch Kerzen und deren Widerschein in unzähligen Spiegeln in einem völlig abgedunkelten Raum symbolisiert wird und deren Namen und Herkunftsland pausenlos vorgelesen werden
17.00 Uhr: Fahrt zurück zum Hotel, nachdenklich und tief bewegt
19.00 Uhr: Abendessen im Hotel, danach Jerusalem bei Nacht, Einkäufe und Umtrunk auf der Ben Yehuda

Freitag, 16.10.1998

Nach dem Frühstück finden wir uns zusammen, um von Avram Zwi Aretz Informationen über das orthodoxe Judentum zu erhalten. Avram Zwi stammt aus einer ultra orthodoxen Familie, die ursprünglich aus Frankreich kam. Seit 2 Jahren lebt er nicht mehr in Mea Schearim, arbeitet als Guide im Diasporamuseum in Tel Aviv und bereitet christhche Gruppen auf die Begegnung mit dem Judentum vor. Nachdrücklich lehnt er den Begriff "Orthodoxes Judentum" ab, denn dieser wird ausschließlich von denen benutzt, die selbst nicht dazugehören. Wer selbst in dieser Gruppe lebt, fiihlt sich als der normale Jude. Gemeinsam sind den verschiedenen Strömungen des Orthodoxen Judentums die kabbalistische Philosophie, das Thora-Verständnis, die Halacha (Gesamtheit der religiösen Gesetze des Judentums, seiner Gebote und Verbote, wie z.B. die koschere Herstellung des Essens) und vor allem das gemeinschaftliche Leben nach diesen Regeln. Mea Schearim repräsentiert nur einen Teil des orthodoxen Judentums. Man kann von zwei wesentlichen Strömungen sprechen. 1. Ultra Orthodoxe, die Haredim (Gottesfürchtige) In ihrem ganzen Leben erhalten diese Menschen ihre überkommenen Traditionen. Sie studieren ausschließlich die Thora, jedoch nicht an den Universitäten, dienen nicht in der Armee und leben innerhalb ihrer Wohnviertel so abgeschlossen wie möglich. Sie besuchen keine Kinos oder weltliche Veranstaltungen wie Konzerte oder Theater und lehnen das Fernsehen ab. Die hebräische Sprache ist die Sprache für Kult und Ritus, deshalb sprechen sie Jiddisch, das durch das jeweils individuelle Herkunftsland geprägt ist. Die Familie ist die entscheidende soziale Einheit und jeder in ihr lebt so nahe wie möglich bei den Großeltern. Die Kleidung entspricht der Mode in den Judenvierteln im 19. Jahrhundert. Im historischen Kern Mea Schearims leben heute die Juden aus Jerusalem. Ringsherum entstanden nach und nach weitere Wohnviertel mit askenasischen Juden aus verschiedenen europäischen Gebieten. Später kamen auch sephardische Juden aus dem Jemen und Buchara dazu, eine aktive Gruppe mit mystischen Vorstellungen von Gottes Gegenwart in der Welt, in der sie das Kommen des Messias vorbereiten. Der Referent spricht in diesem Zusammenhang von einer chassidischen und nicht- chassidischen Gesellschaft. Die Chassiden leiten sich von der kabbalistischen Revolution des 16. Jahrhundert ab. Das Gebet bestimmt das strenge Leben des Einzelnen und der gesamten Gemeinschaft. Alle Individualität ist aufgegeben zu Gunsten der Gesamtheit. In ihr sind alle Aktivitäten, alle Feste, Freude und Trauer verankert. Im Unterschied zur westlichen Philosophie wird über den Glauben nicht gesprochen, er wird gelebt. Unter den Chabbalisten gibt es viele verschiedene Strömungen mit kleinen Abweichungen. Man erkennt sich untereinander an der unterschiedlichen Kleidung, Lebensmitteln Musik und Dialekten innerhalb der jiddischen Sprache. Vor 200 Jahren galten sie alle einmal als revolutionär, heute dagegen stellen sie das traditionelle Element innerhalb des Judentums dar.

2. Moderne Orthodoxie

Diese Strömung begann bereits im 18.-19. Jahrhundert und ist auch heute noch lebendig. Die Realität der Außenwelt wird wahrgenommen, sie wird jedoch nur differenziert übernommen. Ein intensives Thorastudium ist grundlegend. Darüber hinaus wird jedoch an den Universitäten studiert, in der Armee gedient und der Staat Israel wird akzeptiert. Aus diesem Denken sind die religiösen und sozialistischen Kibbuzbewegungen [auch militante Siedlerbewegungen] entstanden. Trotz aller Partizipation am modernen Leben bleibt die Halacha Basis und Orientierung für die Gemeinschaft und den Einzelnen. Dieser muss jedoch selbst entscheiden, welchen Weg er vor Gott gehen will. Diese Gruppierung bildet die Majorität der "Religiösen". Sie errichtet keine Mauern zu Andersdenkenden und identifiziert sich sehr stark mit dem israelischen Staat. Natürlich ist ihre Sprache das moderne lvrit. Entsprechend geringer ist auch der Einfluss der religiösen Führung (Rebbe). Die moderne Orthodoxie gewann deutlich an Einfluss durch die Einwanderung der sephardischen und orientalischen Juden aus den Ländern Nordafrikas. Sie litten nicht unter dem Trauma des Holocaust, sie hatten eine andere Geschichte als ihre askenasischen Brüder. Die wachsende Bedeutung der sephardischen Tradition ist im modernen Israel nicht zu übersehen. Die vorige Regierung hat eine Entwicklung Israels hin zu einem unreligiösen, säkularen Staat eingeleitet nach amerikanischem Muster. Nun hat es einen Rückschlag für diesen Weg gegeben und die religiösen Parteien haben diese Entwicklung umgekehrt. Heute werden Tradition und Religion wieder groß geschrieben in Israel. Der Referent meint, es sei nicht richtig und nicht gerechtfertigt, dass sich viele Israelis über die Ultraorthodoxen ärgern und sie ablehnen. Er glaubt, dass den meisten Israelis die Fakten über das Leben dieser Gruppe unbekannt sind. Die Kinder sind für die Gemeinschaft des Volkes durchaus nicht verloren. Ganz im Gegenteil. Sie unterwerfen sich einem oft mehr als 10 jährigen Studium (der Thora) und sorgen für groüe Familien. Am unreligiösen Erziehungssystem des Staates nehmen die Ultraorthodoxen nicht teil. Sie haben in ihren Vierteln jiddischsprachige Schulen, in denen Mädchen und Jungen streng getrennt, täglich bis zu 10 Stunden unterrichtet werden. Die Jungen lernen überwiegend an Thora und Talmud aber auch Geographie u.a. Die Mädchen erhalten eine allgemeine Bildung. Nur sehr selten geschieht es, dass junge Menschen die Gemeinschaft verlassen, da ihnen die Basis für das Leben im unreligiösen Staat fehlt. Sie verfügen weder über eine solide Bildungsnoch Berufsgrundlage, da diese in ihrer Gemeinde nicht notwendig waren. Wer jedoch die Gemeinde verlassen will, muss damit rechnen, dass er völlig ausgeschlossen wird. Trotzdem werden die Fragen, die das Leben "draußen" betreffen, durchaus gestellt. Die meisten Gemeinden leben derart abgeschlossen, dass auch übertritte in eine Gemeinde hinein kaum vorkommen. Es gibt jedoch einige Gruppen, die solche Außenstehenden aufnimmt. Im Anschluss an den Vortrag machen wir uns auf den Weg nach Mea Schearim. Inmitten der verschiedenen Wohnviertel verabschiedet sich Avram Zwi und wir beginnen, in kleinen Gruppen die Gassen und Märkte zu erkunden.

Mea Schearim = hundert Tore Dieser Name bezieht sich auf die hundertfache Ernte, von der Gen. 16,12 die Rede ist. Das erste, außerhalb der Stadtmauer gegründete jüdische Wohnviertel war Yemin Moshe (Windmühle). Bald danach entstand Nahalat Shiva (Nähe Zion- Hotel) und Mea Schearim mit der gleichnamigen Straße, die heute den gesamten Bezirk durchzieht. Konrad Schick, ein deutscher nichtjüdischer Architekt konzipierte diese Wohnanlage auf einem Areal von 260 x 120 Metern und legte 1874 den Grundstein. Die Häuser sind mehrstöckig, schmal und um Innenhöfe angelegt. Nach außen haben sie weder Fenster noch Türen. Sie gleichen Festungen, deren Tore und Treppenzugänge verschlossen werden können. 1881 lebten 600 Familien in den l Vi bis 2 Zimmer großen Wohnungen. 4 Familien teilten sich Küche und Bad. Jede Wohneinheit verfügte jedoch über eine Infrastruktur, die alles beinhaltete, was fromme Juden zum Leben brauchten. Zuerst kamen Juden aus Litauen, später auch aus Ungarn und anderen Ländern. Auch heute leben die Menschen in ihrem selbst gewählten Ghetto und pflegen die Traditionen ihrer Herkunftsländer, weit entfernt von den Ereignissen in ihrem Staat und der Welt. Halb zerrissene Wandzeitungen vermitteln ihnen die gefilterten und manipulierten Nachrichten, die die religiöse Führung für angemessen hält. Besucher sind nicht sehr willkommen, lediglich geduldet, wenn sie die Kleiderordnung und andere Vorschriften beachten. Bei Wahlen im Staat Israel gehen die Bewohner auf ihre Hauptstraße und verkünden aggressiv und lautstark, dass nur der Messias ein Reich aufrichten wird, in dem sie leben wollen. Am späten Nachmittag treffen wir uns auf den Stufen über dem weiten Platz vor der Westmauer und warten auf die Begrüßung der Braut Shabbat durch die "Frommen". Festlich gekleidet und mit freudigen Gesichtern kommen sie aus der jüdischen Altstadt herunter. Frauen und junge Mädchen mit langen Röcken und dunklen Strümpfen, hochgeschlossenen und langärmligen Blusen, ein bisschen bäuerlich schwer, doch fröhlich lachend und schwatzend. Männer eilen mit langen zielstrebigen Schritten an uns vorbei. Aus ihren Mänteln wehen die weißen Zizit, die Schaufäden an den Enden des Tallit und ihre weißen oder schwarzen Strümpfe, ihre schwarzen, weißen oder gestreiften Mäntel, ihre Kipa oder Streimel sind uns nun Zeichen ihrer verschiedenartigen Herkunft. Auch die kleinen Jungen mit fast kahlgeschorenen Köpfen und schulterlangen Peies, die Mädchen mit weißen Strümpfen und schwarzen Lackschühchen, scheinen sich der Feierlichkeit des Augenblicks bewusst zu sein. Wir erwarten etwas Besonderes. Die Sonne ist untergegangen und die ersten Sterne erscheinen am dunkler werdenden Himmel. Die fremdartigen Lieder, in denen die Braut Shabbat begrüßt wird, tönen schwach zu uns herüber. Ohne dass wir es bemerkt haben, ist das Besondere eingetreten, der Shabbat hat begonnen.
Samstag, 17. Oktober 98 und Sonntag, 18. Oktober 98

Am vorletzten Tag unserer Rundreise durch Israel und Jordanien stand ein Besuch in Bethlehem auf dem Programm. Bethlehem (Haus des Brotes aufhebräisch) ist heute eine Stadt von fast 40000 Einwohnern und liegt etwa 9 km südlich von Jerusalem. Die Mehrzahl der Bevölkerung lebt von der Fremdenindustrie, insbesondere von der Fertigung und dem Verkauf von Gegenständen, Andenken usw. aus Olivenholz und Perlmutt.½ Brthlehem gilt nach christlicher Uberliefung als die Geburtsstadt Jesu. Wahrscheinlich wurde er in einer Kalksteinhöhle in der Nähe der Stadt geboren und nicht in einem Stall. Im Jahre 135 n.Chr. errichete Hadrian nach der Niederwerfung des zweiten jüdischen Aufstandes wie in Jerusalem so auch in Bethlehem einen heidnisch-römischen Göttertempel. So wurde die Geburtsgrotte von einer Tempelanlage eingeschlossen, die dem Gott Adonis geweiht war. 200 Jahre später besuchte Kaiser Konstantins Mutter Helena das Heilige Land (325 n.Chr.) und erbaute drei große Basiliken über der Grabeskirche in Jerusalem, der Geburtsgrotte zu Bethlehem und auf der Höhe des Olbergs. Die Basilika gleicht von außen mehr einer mittelalterlichen Festung als einem Gotteshaus. Die Fassade und ihr Vorplatz finden sich nun umschlossen von den Mauern dreier Klöster. Sie hat die Form eines Kreuzes von 56 m Länge und 26 m Breite. Im Jahre 1935 entdeckte man noch Mosaikfragmente aus dem Kirchbau des 4. Jahrhunderts. Unter dem Chor befindet sich die Geburtsgrotte. Ein silberner Stern mit der lateinischen Inschrift "Hie de Maria Virgine Jesus Christus natus est" kennzeichnet die Stätte der Geburt Jesu. Nach dem Basarbesuch in Bethlehem ging es mit dem Bus zurück nach Jerusalem. Die Fahrtteilnehmer benutzten die Freizeit, um insbesondere in der Altstadt Jerusalems letzte Einkäufe vor der Abreise zu tätigen. Auch der Felsendom und die El Aksa Moschee konnten besichtigt werden. Nach dem Abendessen im Hotel Kikar Zion erfreuten sich alle am regen Treiben in den Straßen Jerusalems nach dem Ende des Sabbats. Die Nachtruhe war nur sehr kurz, denn bereits um 2.30 Uhr fuhr der Transferbus zum Ben Gurion Flughafen Lod bei Tel Aviv. Pünktlich um 5.30 Uhr hob sich der EL AL Jumbo in die Luft. Nach knapp 4 Stunden Flugzeit landete unsere Gruppe sicher auf dem Fughafen in Köln.

Shalom und lehitraot - Auf Wiedersehen bis nächstes Jahr in Jerusalem