Arbeitskreis Internationale Jugendarbeit
mit Israel im Kreis Wesel e. V.

Arbeitskreis Internationale Jugendarbeit mit Israel e. V.

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Berg der Kreuze, Kedainiai, Vilnius

Am Samstag (23.10.2004), früh morgens verabschiedeten wir uns von Riga. Per Bus ging es in die letzte Reiseetappe. Auf in die Hauptstadt Litauens - Vilnius!

Litauen, das kleinste der baltischen Länder, mit nur einer 100 km langen Küste, aber 750 Flüssen und circa 3000 Seen, hat 3,5 Mill. Einwohner, davon sind 80 % Litauer, 8% Russen und 9% Polen.

Das erste Ziel in Litauen war der „Berg der Kreuze".

Inmitten flacher Landschaft gelegen, ein Hügelchen mit Kreuzen und Kreuzchen überhäuft. Für meinen westlichen Geschmack eher kitschig. Meine Ohren nahmen ein zartes Klirren und Klimpern wahr. Ein Windspiel aus Kreuzen und Rosenkränzen verursachte diese merkwürdige Geräuschkulisse. Jedoch ein Ort voller Symbolik!

Nach der Zerschlagung des Aufstandes gegen den Zarismus anno 1863, stellten die Menschen aus der Umgebung Kreuze zum Gedenken an ihre dort getöteten Angehörigen auf. Auch im letzten Jahrhundert gewann dieser Ort wieder an Bedeutung, nämlich für die Opfer des stalinistischen Terrorregimes. Die Überlebenden, der nach Sibirien Verbannten stellten aus Dankbarkeit Kreuze auf.

Das zweite Ziel war die erste Begehung mit jüdischen Spuren in der Stadt Kedainiai.

In Kedainiai bestand über 400 Jahre eine jüdische Gemeinde mit allen wichtigen religiösen und weltlichen Funktionen. Am Beginn des 20. Jahrhunderts lebten über 2.500 Juden in Kedainiai. Es gab 14 Synagogen, mehrere Schulen, ein Waisenhaus, politische Gruppierungen und zwei Fußballclubs.

Die Mehrzahl der jüdischen Bürger von Kedainiai waren Handwerker oder in der Landwirtschaft tätig.

Die beiden bedeutenden sakralen Gebäude befanden sich am Judenmarkt: die kleinere Winter- und die Sommersynagoge. Beide Gebäude wurden während der deutschen Besatzung beschädigt aber nicht zerstört. Heute befindet sich in den Räumen ein multikulturelles Zentrum.

Die jüdische Gemeinde wurde im August 1941 nach dem Beginn der deutschen Okkupation Litauens vollständig zerstört. Über 2.000 Juden wurden in den ersten Besatzungstagen von Deutschen und Litauer ermordet. Die verbliebenen ca. 1000 Juden wurden bis 1943 in ein Ghetto gesperrt. Auch sie wurden dann an anderen Orten ermordet. 94 % der litauischen Juden sind im Holocaust umgekommen. Die aktive Beteiligung von Litauer an der Vernichtung jüdischen Leben war während der sowjetischen Besatzungszeit ein Tabu. Es beginnt jetzt und noch zögerlich der Versuch einer Aufarbeitung. In Kedainiai sind noch einige Spuren jüdischen Lebens erhalten - damit sie nicht verloren gehen, ringen örtlichen Historiker mit den vorhandenen Widerständen um ihre Bewahrung. Es ist offen, ob ihnen dies gelingt. Mit den Eindrücken von einer ehemals großen jüdischen Kleinstadtgemeinde, ihrem Ende und den Bemühungen um das Erinnern ging es weiter bis nach Vilnius.

Erster Abend in Vilnius

Der Abend in Vilnius wird mir unvergessen bleiben. Dem „Marco Polo" Tip folgend trafen sich ohne Verabredung ein großer Teil unserer Gruppe in den Kellerräumen eines Lokals namens „Zemaiciu Smukle". Musikanten betraten den Gastraum und fingen uns mit volksmusikalischen Klängen ein und da wir unter uns waren, folgten wir den in uns aufkommendem starken Bewegungsdrang. Die „Zeppelinchen" im Magen das Bier mit einem litauischen Prost „Is wie Kater“ schon wirksam im Blut konnte man unseren tänzerischen Darbietungen keinen Einhalt mehr gebieten und es ging im wahrsten Sinne des Wortes über Tische und Bänke. Die Barrieren wurden von jedem Tänzer mit Bravour und ohne Verletzungen genommen. Und das ist noch nicht alles - Ilona (die lebendige Mundorgel) begann mit dem Singen von deutschem Liedgut und jeder der konnte, stimmte mit ein und wir endeten Dank unserer 1. Stimme nicht mit der ersten Strophe. Ein Kanon gelang uns auch noch einigermaßen. Fröhlich und in guter Stimmung verließen wir um Mitternacht das Lokal und waren verwundert über diese spontane Gestaltung eines Abends.

Jutta Thomas
Rainer Hagenacker