Arbeitskreis Internationale Jugendarbeit
mit Israel im Kreis Wesel e. V.

Arbeitskreis Internationale Jugendarbeit mit Israel e. V.

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Studienfahrt ins Baltikum 2004
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Besuch des Jüdischen Gymnasiums in Tallinn
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Von Tallin nach Riga
Riga
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Gespräch mit Herrn Baumanis
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Gespräch mit Herrn Baumanis
über die aktuelle Situation Lettlands im Jahre des EU-Beitritts 2004

Herr Baumanis war Botschafter Lettlands sowohl bei der UN als auch in Dänemark und Estland.

Er informierte uns über die wechselvolle Geschichte der Letten bis zur Unabhängigkeit im Jahre 1991.

Die Letten kamen vor ca. 2000 Jahren aus Indien in den Ostseeraum. Ihre Sprache gehört, ebenso wie Litauisch und das inzwischen ausgestorbene Preußisch zur indogermanischen Sprachfamilie.

Die Christianisierung der Letten begann im 12. Jahrhundert. Die Hauptstadt Riga gehörte zu den bedeutenden Hansestädten mit guten geschäftlichen Verbindungen nach Deutschland. Nach ca. 700 Jahren unter der Herrschaft wechselnder Großmächte wurde Lettland 1918 zum erstenmal ein unabhängiger Staat. 1940 wurde Lettland dann durch die Sowjetunion okkupiert und ca. 110.000 Menschen, vor allem Intelligenzler, wurden nach Sibirien deportiert. Viele wurden dort ermordet.

Als Deutschland 1941 Lettland besetzte, wurden die Soldaten der Wehrmacht zunächst als Befreier begrüßt. Es begannen Repressionen der Nazis gegen die Juden. Die Besetzung führte zu einer Fluchtbewegung von ca. 200.000 Letten nach Westen, vor allem in die USA, nach Kanada, Australien und Schweden. 1949 deportierte die Sowjetunion wiederum etwa 200.000 Letten nach Sibirien. Von den wenigen Überlebenden kam nur ein kleiner Teil nach der Unabhängigkeit 1991 zurück.

Ziel des sowjetischen Regimes war die Erschaffung eines neuen gemeinsamen sowjetischen Volkes ohne eigene Wurzeln oder Vergangenheit. Deshalb wurden viele Sowjetbürger, gezwungen oder freiwillig, zur Schaffung einer sowjetischen Großindustrie nach Lettland geschickt, so dass in den großen Städten die Letten nur noch eine Minorität darstellten. Die russische Sprache dominierte.

Nach der Wende 1991 stellten die Letten 50,7% der Bevölkerung, heute sind es bereits 57,6%. Außerdem leben in Lettland 30% Russen, sowie eine größere Anzahl von Weißrussen, Polen und Litauern. Der Anteil der Juden beträgt 0,4%. 1991 wurde die erste jüdische Schule in Riga gegründet, an der in 7 Sprachen unterrichtet wird.

Die ökonomische Situation Lettlands nach der Wende gestaltete sich schwierig, da neue Handelsbeziehungen erst aufgebaut werden mussten. Die Hoffnung auf viele Rückkehrer aus dem Westen erfüllte sich kaum. Seit 1993 träumte man von der Mitgliedschaft in der EU und Nato. Im April 2003 trat Lettland der Nato bei, im Mai 2004 der EU.

In diesem Jahr konnte Lettland das BSP um 7,7% steigern. Heute hat das Land eine hohe Zahl von Studenten, so dass Herr Baumanis optimistisch in die Zukunft schaut. Man hofft, in 10 bis 12 Jahren auf dem Durchschnittsniveau der EU zu sein. Die Zusammenarbeit mit dem Westen, vor allem mit Deutschland, wird vorangetrieben. Der hohe Energiepreis und die hohe Verschuldung der Bevölkerung lassen jedoch die Inflationsgefahr wachsen. Niedrige Löhne und Pensionen begünstigen die Schattenwirtschaft. Wie in vielen Ländern findet Korruption im politischen und wirtschaftlichen Leben verdeckt statt.

Jeder Einwohner Lettlands kann innerhalb von 3 Monaten lettischer Staatsbürger werden, vorausgesetzt, er lässt sich naturalisieren, erkennt die Verfassung an, ist loyal dem Staat gegenüber und beherrscht die lettische Sprache. Seit dem Beitritt zur EU ist die Anzahl der Anträge auf Einbürgerung stark gestiegen.

Regina u. Horst Simons