Arbeitskreis Internationale Jugendarbeit
mit Israel im Kreis Wesel e. V.

Arbeitskreis Internationale Jugendarbeit mit Israel e. V.

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PERACH-Projekt Israel 1978
Die Anreise
Universität Haifa, Besuch des PERACH- Projektes
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Besuch des Jugendamtes der Stadt Haifa
Nazareth
Gespräch mit PERACH-Vertretern
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Nazareth

Nach einer kurzen Fahrt erreichten wir auf dem Weg nach Tibeeias, dem nächsten längeren Aufenthaltsort Nazareth. Der erste Eindruck wischte die letzten Vorstellungen einer kleinen Siedlung aus der Zeit des Neuen Testamentes vollständig weg, Nazareth liegt in einem Tal und seine Randzonengebiete erobern mehr und mehr die angrenzenden Hügel und Berge. Zum ersten Eindruck gehört auch der, daß diese Stadt touristisch gut erschlossen ist. Im Stadtzentrum begann zunächst die Suche nach dem Gebäude der Stadtverwaltung. Als wir dieses erreichten, und endlich den Ort der Begegnung fanden, erwarteten uns mehr Menschen als gedacht. Zum Empfang, und das war es schließlich auch, gehörten kleine süße Gebäckstücke und arabischer Kaffee. Es empfing uns der stellvertretende Bürgermeister, die Leiterin des Sozialwesen und einige ihrer Mitarbeiter der Stadtteilarbeit in Nazareth. Nachdem die Begrüßung vorüber war, sich jeder gestärkt hatte, konnten der Austausch beginnenen. Der stellvertretende Bürgermeister stellte zunächst seine Arbeit vor. Sein Hauptmerk differenziert sich in drei Punkten: 1. das Zusammenwirken von Arabern und Israelis, 2. die nähere Zukunft Nazareth als multikulturelles und religiöses Zentrum und 3. die dazu zu bereitenden sozialen Bedingungen.

1. Da Nazareth zu 60% von Arabern bewohnt ist, ist es dem stellvertretendem Bürgermeister, der selber Araber ist, ein Anliegen, daß es ihm gelingt, die Unterschiede (sozial, kulturell, religiös, politisch) zwischen der arabischen Urbevölkerung und den Israelis aus zu gleichen, und eine hohe Gleichberechtigung zu erreichen. Er sieht sein Anliegen von einer hohen politischen Bedeutung, da die israelische Regierung davon Vorteil ziehen könnte, wenn innere Angelegenheiten von allen Bevölkerungsgruppen ernst genommen und gelöst werden.

2. Die nähere Zukunft sieht der stellvertretende Bürgermeister sehr eindeutig in der Touristik. Nazareth erlebt geradezu einen Boom von Besuchern. Die Stadt hat neben historischen und archäologischen Sehenswürdigkeiten, auch eine hohe Bedeutung von religiöser Art. Christen, Moslems, Armenier usw., sehen hier ihre Wurzeln und Anbindung ihres Glaubens. Viele Besucher sind Pilger aus dem Ausland, die die Stätten ihrer religiösen Führer besuchen wollen. Daher sieht der stellvertretende Bürgermeister Nazareth im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit, und von einer großen internationalen Bedeutung. Die Stadt wird zur Zeit intensivst renoviert, infrastrukturell saniert und das Hotelnetz ausgebaut. Bis zum Jahr 2000, so heißt auch das laufende Gesamtprojekt, das sich in viele kleine auf splittert, sollen 170.000.000 Shekel in die Städteplanung investiert werden, um den abzusehenden Besucherstrom aufzufangen und das Erbe zu erhalten. In diesen ganzen Anregungen fließen auch die inneren Probleme der Stadt ein. Das Ausland ist interessiert daran, daß Nazareth für seine Millionen Besucher auch die Sicherheit bieten kann. An diesem Kernproblem arbeitet die Stadt sehr intensiv.

3. Zu diesem Punkt äußert sich die Leiterin des Sozialwesens und ihre Mitarbeiter. Jugendkriminalität, Arbeitslosigkeit, Perspektivenverlust und Entwurzelung stellen die Hauptprobleme der Stadt dar. Auf diese Probleme wird versucht angemessen einzugehen: durch Stadtteilarbeit (Zentren, Bildungsangebote etc.), Mädchen- und jungenspezifischer Arbeit (Bildung von Zentren mit spezifischen Bildungsangeboten). Streetwork und berufsvorbereitenden Bildungsangeboten.

Natürlich sind die Möglichkeiten finanziell (daher auch personell) stark begrenzt, aber die Stadtverwaltung ist sich bewußt, daß dort die Problemwurzeln liegen, denen die erwachsenen Einwohner später erhegen werden. Durch den Zusammenschluß der Bildungsangebote und der Begleitung soll sich die Sozialisation der Jugend positiv auf ihre Lebensperspektive auswirken.

Nach diesem Eindruck und vielen Fragen an die Mitarbeiter des Sozialwesens, verließen wir das Gebäude der Stadtverwaltung um eine Einrichtung zu besuchen, die Jugendliche auf ihren Beruf vorbereiten will. Unser Begleiter wurde später auch unser exzellenter Stadtführer. Die Einrichtung befindet sich auf einem ausgedehnten Gelände innerhalb der Innenstadt und beherbergt mehrere Gebäude, davon Gemeinschaftsgebäude, Unterrichtsräume und berufsspezifische Einrichtunuen. Begrüßt wurden wir mit einem arabischen Mittagessen. Nach dieser opulenten Stärkung wurden wir durch die einzelnen Einrichtungen geführt. Die Jugendlichen haben hier die Möglichkeit, angeleitet von professionellen Mitarbeitern, sich auf einen Beruf vorzubereiten und so für sich die Chancen zu erhöhen, später leichter eine Anstellung zu finden. Die Einrichtung unterhält eine Gärtnerei, eine Schreinerei, eine Schlosserei, eine Küche und eine Werkstatt. Zum Abschluß überreichten wir der Leiterin der Einrichtung ein Mitbringsel und bedankten uns für die ausführliche Darstellung ihrer Arbeit.
Unser Begleiter startete dann die Stadtführung. Da er selber in Nazareth aufgewachsen war, konnte er uns sehr eindrücklich auf Sehenswürdigkeiten, aber auch auf Mißstände aufmerksam machen. Wir begannen am Rande des alten, arabischen Marktes. Auf dem Weg dorthin stießen wir auf verschiedene Ausgrabungen und Sanierungen der Stadt. Unser Begleiter klärte uns auf, daß aufgrund dieser Grabungen die Archäologen die Überzeugung gewonnen hätten, daß Nazareth schon viel früher als bisher vermutet besiedelt war, wahrscheinlich schon zur Steinzcit. Wciter stellte cr anhand der laufendcn Samierungsarbcitcn, die zum Teil die lnfrastruktur der Stadt betrafen, aber auch die Wohnhäuser, die wachsende Unzufriedenheit der arabischen Bevölkerung dar. Oberflächlich werden die Häuser renoviert und wohnbar gemacht auf der anderen Seite verliert die Stadt dadurch ihr arabisches Gesicht, da die Häuser ihren ursprünglichen Charakter verlören und mit den sie umgebenden, moderneren Häusern angeglichen werden. So haben die Projekte verschiedene Seiten und Aspekte. Als nächstes besuchten wir künstliche Höhlengänge unter der Stadt und betraten den alten arabischen Markt. An verschiedenen Stellen konnte man noch sehen, wie der Markt früher überall ausgesehen haben mag.Die Abwässer fließen in einer Rinne offen die Straßen hinunter, die Häuser sind kaum bewohnbar und fallen in sich zusammen, die Straßen sind in einem schlechten Zustand.

Im Rahmen des Projektes 'Nazareth 2000' wird der arabische Markt vollständig saniert und renoviert. Die Geschäftsräume werden ausgebaut, die Häuserfronten angeglichen, die Straßen ausgebessert und die Kanäle unterirdisch verlagert. Weiter unten konnte man sich ein Bild des Marktes mit Betrieb machern. Einige Geschäfte waren trotz des Feiertages geöffnet und boten ihre Waren an. Wie hektisch muß an einem regulärenren Markttag zugehen, wenn erst der ganze Markt fertiggestellt ist? Neben diesen Eindrücken der Ausgrabungen, Sanierungsvorhaben und des alten Marktes konnten wir auch einige Kirchen besuchen und uns davon überzeugen, daß jede Religion hier ihr Kleinod besitzt.
Weiter ging es dann mit dem Bus nach Tiberias. Dieser Tag in Nazareth war sicherlich anstrengend und reich an Informationen, aber selten hat man die Gelegenheit als einfache Reisegruppe ein so differenziertes Bild einer Stadt zu bekommen wie an diesem Tag.