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Budapest 1995 |
Gespräch und Führung mit Frau Wimmer |
Besuch beim Raoul-Wallenberg-Komitee |
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Besuch beim Raoul-Wallenberg-Komitee
Unser Ziel ist das Haus Nr. 61 auf der Banoss utca, einer belebten Geschäftsstraße im Pester Teil der Stadt. Ein Schild am Eingang mit einem Logo in Form eines hell/dunkelblauen W's, das in der Mitte zu einem Herzen stilisiert ist - weist uns den Weg in den vierten Stock. Hier befinden sich die Räumlichkeiten des Budapester Raoul-Wallenberg-Komitees. Es sind zwei kleine, eher bescheiden möblierte Zimmer, in denen wir erwartet werden. Der Empfang durch die Vorsitzende des Vereins, Frau Eva Batholon ist ausgesprochen herzlich. Weiter anwesend sind der ehrenamtlich tätige Geschäftsführer Endre Huff und Frau Wimmer die als Dolmetscherin fungiert.
Der Verein ist im Dezember 1988 gegründet worden und hat derzeit etwa 400 Mitglieder. Er bekommt im Jahr 200.000 Forint staatliche Fördermittel, was lt. Auskunft von Herrn Huff "kaum zur Miete reicht". Die Mitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von 150 - 200 Forint. Es gibt nur wenig junge Mitglieder, das Durchschnittsalter liegt bei ca. 50 Jahren.
An Überlegungen zu dem Schicksal Raoul Wallenbergs in der ehemaligen Sowjetunion beteiligt sich der Verein nur am Rande. Dies sei, so die Vorsitzende, eher die Aufgabe wissenschaftlicher Forschung. Das Wallenberg Komitee ist an praktischer, tagespolitischer Arbeit interessiert. Der Verein hat sich in der Tradition Raoul Wallenbergs den Kampf für die Rechte von Minderheiten zum Ziel gesetzt. Er wendet sich gegen Vorurteile und Diskriminierungen gesellschaftlicher Randgruppen. Der Name "Wallenberg" ist gleichzeitig Symbol und Programm und steht lt. Eva Batholon für "tiefe Menschlichkeit". Durch die Zusammenarbeit mit befreundeten Joumalisten werden Beiträge nüt den Zielsetzung des Vereins in verschiedene Radioprogramme und Zeitungen lanciert.
Im Mai 1992 wird auf Initiative des Vereins vor dem Wallenberg-Denkmal, anläßlich seines achtzigsten Geburtstags, eine Ehrenwache abgehalten. Die ungarische Staatsführung bekennt sich damit zum ersten Mal zu den Aktivitäten des Schweden.
Als weiteren Erfolg wertet das Komitee einen offenen Brief an das ungarische Parlament, der die Tage der faschistischen Pfeilkreuzer in das Bewußtsein einer breiteren Öffentlichkeit rückt. Im Verbot einer, vom Wallenberg-Komitee mitgetragenen Gedenkfeier vor der Synagoge, die im Oktober 1994 an die Regierungsübemahme der Faschisten in Ungarn erinnern sollte, sieht das Komitee ein Indiz für einen latenten Antisemitismus in Ungarn. Einen aktuellen Schwerpunkt der Vereinsarbeit bildet der Einsatz für die Rechte der ca. 500.000 in Ungam lebenden Sinti und Roma.
Das Wallenberg-Komitee hat Kontakte zu den unterschiedlichsten Organisationen und Gruppierungen. In Zusammenarbeit rnit der Anne-Frank-Gesellschaft in Amsterdam ist z.B. eine Ausstellung zum Leben Anne Franks und zur Judenverfolgung in Ungam organisiert worden. Verbindung gibt es zur Budapester jüdischen Gemeinde, deren Rabbi Mitglied im Verein ist. Verbindungen gibt es ebenso zur christlich-jüdischen Gemeinschaft Budapests. Die Vorsitzende des Komitees äußerste großes Interesse, mit der Moerser christlich-jüdischen Gesellschaft weiterhin Kontakt zu halten.